Ehrliche und erschreckende Selbstreflexion!

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frankl91 Avatar

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In seinem Buch beschreibt Christian Weißgerber seine Entwicklung zum Neonazi und wie er wieder daraus gefunden hat. Es fängt mit seiner schwierigen Kindheit an, in der er sehr autoritär von seinem Vater erzogen worden war. Neben der psychishen Demütigung und alltäglichen Erniedrigungen wendete sein Vater auch physische Gewalt an. Als Jugendlicher war der Autor in der Lage sich seinem Vater zu stellen und wollte sich seinerseits auch als disziplinierter, ordentlicher, pünktlicher und fleißiger Deutscher zeigen. Er hat seine Bestätigung in der rechtsextremen und völkischen Szene in Türingen gefunden. In diesem Bereich war er sehr aktiv und hat die rassistische Theorien des Alltags einfach weitergedacht und hat sich als ein Teil des deutschen Volkskörpers gesehen. Bei allen Sachen, die er gemacht hat, stand der Nationalismus im Vordergrund (körperliches Training, Essen, Arbeit, Musik...).
Nachdem er angefangen hat zu studieren, musste er sich kritisch mit vielen Sachen auseinandersetzen und hat auch angefangen sich selbst und sein bisheriges Leben zu hinterfragen. Er hat viele Widersprüche in den nationalsozialistischen und rassistischen Theorien gefunden und sich der Szene nach und nach entzogen. Nach seinem Ausstieg sowie heute noch, muss er mit vielen Drohungen rechnen und gilt unter seinen ehemaligen Kameraden als Verräter.

Was dem Autor ausgezeichnet gelungen ist, ist seine Gefühlslage und Gründe für seine Entwicklung deutlich an de Leser zu bringen. Obwohl es sich teilweise und erschreckende und gewaltverherrlichende Gedanken oder Handlungen geht, hat er sie trotzdem beschrieben und danach erklärt warum er sich in dem Augenblick so gefühlt hat. Außerdem analysiert er auch seine Umgebung, den Alltagsrassismus, den Kapitalismus und weitere gesellschaftliche Phänomene und versucht die Gedanken der einfachen Arbeiter unter diesen Umständen nachzuvollziehen. Nichtsdestotrotz übernimmt er für sein Fehlverhalten die Verantwortung und versucht durch das Buch Leute anzusprechen, die dieser Gefahr ausgesetzt sind.

Ein hervorragendes und selbstkritisches Buch, das auch als Beispiel für wissenschaftliche Forschung in dem Bereich dient!