Wie man mit Verantwortung umgehen kann

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m. e. Avatar

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In dem Buch "Mein Vaterland" beschreibt Christian Weißgerber sein Aufwachsen als Wendekind und seinen Weg zur Radikalisierung. Der Autor macht gleich zu Beginn klar, dass es ihm nicht um Buße und Absolution und durch die Leser geht, sondern um Aufklärung bzw. Verantwortung für die eigenen Taten zu tragen.
Der Autor beschreibt seinen Weg von einer gewalttätigen und autoritären Kindheit zu einem Erwachsenen der in genau solchen Strukturen und Organisationen später Orientierung sucht. Der Autor macht deutlich, dass sich die Umstände bei jedem unterscheiden und warum er seine Entscheidung getroffen und wie er sie vor sich gerechtfertigt hat! Er spannt ebenso einen anschaulichen Bogen von Vorurteilen, Wahn und Verschwörungstheorien bis zu offenem Rassissmus. Gleichzeitig benennt er auch die in der Szene genutzen Symbole und Strategien, die die Wahrnehmung von Menschen gezielt beeinflussen sollen und zeigt dabei auch konsequent die logischen Fehler und Wiedersprüche der Ideologien auf. Aktuell kann der Autor dafür ja auch leider viele Belege anführen.
Dieses Buch hat mich gleich in mehrerer Hinsicht überzeugt und ich habe es praktisch in einem Zug durchgelesen. Die kritische Reflexion der eigenen Entwicklung und der Identität als ehemaliger Nazi war spannend und beeindruckend zugleich geschrieben. Dem konkreten Ausstieg aus der Szene widmet er deutlich weniger Seiten, aus dem Guten Grund um andere zu schützen. Und das ist eine weitere Stärke des Buches, er weist direkt auf die Gefahren und das Gewaltpotential der rechten Ideologie in allen Schattierungen hin. Er macht sehr deutlich, wie diese Ideologie auf selbstwertdienlichen Abwertungen und Entmenschlichung basiert und damit Gewalt legitimiert. Eine klare Leseempfehlung!