Ergreifend

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luna_cressy Avatar

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Der Roman ist in Briefform gehalten, In diesen Briefen erzählt die Erzählerin Molly, ihrer amerikanischen Freundin, die im Koma liegt, aus ihrem Leben. Diese Aufschriebe möchte sie ihr, wenn sie wieder erwacht, mitbringen. Darin ist zu lesen, welche Gedanken sie sich um Molly macht, wie alte Erinnerungen wieder hochkommen und nacherzählt werden und wie die Erzählerin ihr Leben lebt. Dabei fühlt es sich so an, als ob man die niedergeschriebenen Gedanken einer realen Person lesen würde, die in der beschriebenen Situation ist, die wirklich existiert. Ihre Gedanken über den Sinn des Lebens, den Ort, an dem sich Molly gerade befindet (Planet Komma) und ihren Alltag regen teilweise sehr zum Nachdenken an, pflanzen sich in den eigenen Kopf ein und lassen einen nicht mehr los.
Der Schreibstil der Autorin ist so authentisch, so lebendig und flüssig, dass ich das Buch innerhalb eines Tages ohne Pause durchgelesen und nicht selten das ein oder andere Tränchen verdrängt habe. Mollys Geschichte ist eine jener, die einen lange begleiten wird, auch, weil man sich vor Augen führen muss, dass, wie die Erzählerin es auch erwähnt, jeden ein solches Schicksal treffen kann. Jeder glaubt, dass er alt wird, aber nicht alle werden es. Vor allem nicht gesund.
Der Aufbau von Spannung besteht darin, ob Molly wieder erwacht und als sie es tut, wie und ob sie sich erholt, wie sich ihr Wesen verändert hat. Das ist gut gestaltet worden, da ich immer wissen wollte, wie es weitergeht, ob sie aufwacht und ob sie noch die alte Molly ist, die man zu kennen glaubt.
Das ist ebenfalls ein Zauber dieses Buches: Man glaubt, allein durch Gedankenberichte und Alltagserzählungen ihrer Freundin, diese und Molly zu kennen. Man sieht Molly glasklar vor sich, wie sie in ihrer Wohnung sitzt, in der alles über und über mit Bildern beklebt ist, eine Molly, die hingerissen auf den Bildschirm starrt, auf dem gerade ein mitreißender Film gezeigt wird. Man glaubt, sie zu kennen und möchte sie auch gerne kennen, denn man erhält das Gefühl, dass die Freundschaft Mollys wahrhaftig ein Geschenk sein könnte. Sie ist als Mensch dargestellt, deren Respekt, Achtung und Freundschaft zu erlangen ein Erfolg ist.
Was die Thematik anbelangt: sie ist aktuell, zu jeder Zeit, in jeder Lebenslage, in jedem Alter. Unfälle, Krankheit und das Umgehen mit dem Tod und Verlust treffen jeden von uns eines Tages, sogar am eigenen Leib. Doch genau das vergisst man schnell. Solche Bücher erinnern einen wieder daran, dass das Leben, das man gerade lebt, vielleicht doch nicht so schlecht ist, wie es zu sein scheint, dass man etwas wagen soll, wovor man immer Angst hatte, dass man das Leben mit den Menschen und Dingen genießen soll, die man gerade um sich hat ... denn das Leben kann, einfach so und ohne Vorwarnung, im nächsten Moment eine drastische Wendung nehmen und einen Weg einschlagen, mit dem man in keinster Weise gerechnet hat.