Ein großer Lesegenuss

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mike nelson Avatar

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Ein großer Lesegenuss! Der britischen Schriftstellerin Rebecca Wait ist mit ihrem dritten in Deutschland veröffentlichten Werk "Meine bessere Schwester" etwas ganz Großes gelungen - ein Roman, den man nur schwer aus der Hand legen kann, in dem die einzelnen, durchaus längeren Kapitel und Erzählperspektiven gut miteinander verknüpft sind. Ich muss sagen, dass der Titel des Originals ("I'm sorry you feel that way") es weit besser auf den Punkt bringt, was den Inhalt der Geschichte betrifft. Die Story startet mit der Beerdigung von Tante Katy, die über mehrere Jahre an einer Schizophrenie erkrankt war; anlässlich der Beerdigung kommt es zum Zusammentreffen der Familie und sehr schnell wird klar - da stimmt so einiges nicht. Wie geht's dann weiter? Einen breiten Raum nehmen die Kindheits- und Jugendjahre der zweieiigen Zwillings-Schwestern Alice und Hanna ein, sowie die Geschichte von Mutter Celia; hinzukommen der etwas ältere Bruder Michael und der eher mit seinem Job verheiratete Vater. Über 500 Seiten hinweg beschreibt Rebecca Wait mit psychologischer Rafinesse, die Schwierigkeiten der einzelnen Figuren mit den Anforderungen des Lebens klar zu kommen, in Beziehung zu anderen zu treten, Freundschaften zu finden, überhaupt Beziehungen einzugehen, die eigenen Emotionen zu managen. (Die ewige Frage: Wie viel vom eigenen Leben der Autorin steckt da drin?) Niemand ist in diesem Szenario perfekt, es wird 'viel gescheitert' und jede Figur hat ihren ganz eigenen Kampf mit sich selbst und seiner Rolle. Und selbstverständlich bleibt es nicht bei der Vorgeschichte zum Eröffnungskapitel 'Beerdigung' - der geneigte Leser erfährt auch, wie es weitergeht; und eines sei verraten - die Figuren entwickeln sich. Ich habe schon lange keinen Roman mehr gelesen, der einen derart differenzierten Einblick in unterschiedliche Seelenleben gewährt. Hut ab!