Geschwisterliebe

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miro76 Avatar

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Vier Jahre sind vergangen in denen Alice kein Wort mit ihrer Zwillingsschwester Hanna gesprochen hat und nun treffen sie sich endlich wieder. Der Anlass ist zwar ein Begräbnis, aber Alice freut sich trotzdem. All zu nah standen sie ihrer Tante Katy ja nicht.

Alice und Hanna sehen sich nicht ähnlich und auch ihre Charaktere sind grundverschieden. Während Hanna die Welt offen steht, ist Alice zurückhaltend, vorsichtig und schüchtern. Ihr fällt es schwer Freundschaften zu schließen. Sie ist immer eine Außenseiterin in der Schule, während Hanna im Mittelpunkt steht.

Doch zuhause ist es umgekehrt. Alice ist das liebe Kind der Mutter und Hanna kann eigentlich nichts richtig machen. Am allermeisten geliebt wird allerdings der große Bruder Michael.

Die Kinder werden extrem dominiert von ihrer verbitterten Mutter, deren wichtigste Eigenschaft die emotionale Kontrolle zu sein scheint. Auch ihre Beziehung zur Schwester wird thematisiert und da kommt tatsächlich auch etwas Mitleid bei mir auf. Doch man muss nicht so werden, wie man erzogen wurde. Man kann nicht alles auf die eigene Kindheit schieben.

Auch Alice wird von Hanna gefragt, wie sie ihre Kindheit empfunden hat und noch als Erwachsene nimmt Alice die Mutter in Schutz. Sie schafft es lange nicht, sich abzunabeln. Diese toxischen Bande lassen alle drei Kinder kaum los und ich fand es spannend zu lesen, wie sich dieser irre Erziehungsstil auf sie als erwachsen werdende Menschen auswirkt. Alle drei gehen ihre Wege, doch alle drei fechten ihre Kämpfe aus. Hanna, das schwarze Schaf" schafft es am schnellsten ihre Bande zu kappen, während Alice wie in einen Spinnennetz zu kleben scheint. Sie fühlt sich immer verantwortlich für das Glück ihrer Mutter.

Mir hat dieses Psychogramm dieser speziellen Familie ausgezeichnet gefallen. Die Autorin zeichnet ein schlüssiges Bild dieser toxischen Mutter und dröselt die Folgen für ihre Kinder auf. Wie mit dem Seziermesser blickt sie unter die Haut. Sämtliche Verletzungen werden offen gelegt und von verschiedenen Seiten beleuchtet. Ich fand es schön, dass alle Protagonisten zu Wort kommen und sich dadurch ein vielschichtiges Bild ergibt.