Das Ferrante Fieber, welches kalt lässt...

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hurmelchen Avatar

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Kann man einem globalen Hype trauen?
Kann man Millionen Lesern zwischen New York und Tel Aviv trauen?
Kann man Jonathan Franzen, der auf dem Cover mit dem Satz:" Ich empfinde gegenüber Elena Ferrante tiefste Dankbarkeit." verewigt wird, trauen?
Nun ja...
Mich hat der Hype um das "Ferrante - Fieber" seltsam kalt gelassen.
Wenn mittlerweile auch deutsche Kritiker, wie Iris Radisch, sich vor Begeisterung über das Werk Elena Ferrantes ( nun erstmal über Band 1 des Roman - Quartetts, "Meine geniale Freundin") in Rage schreiben, und über ein "epochales literaturgeschichtliches Ereignis" delirieren, fange ich an, mich zu fragen, was für einen Roman ich wohl gelesen habe...

Die Geschichte der beiden Freundinnen Elena und Lila, die in einem ärmlichen Viertel Neapels in den 1950er Jahren aufwachsen, und versuchen, ihrem Arme - Leute - Millieu zu entkommen, ist weder sprachlich besonders aufregend, noch erzählt sie von besonderen Protagonisten, außerdem ist sie redundant bis an die Schmerzgrenze.
Mag die Ferrante - Hysterie durch die Anonymität der Autorin hervorgerufen sein?
Zugegeben, ein cleverer Marketing - Schachzug, den wahren Namen nicht preiszugeben, und sich demütig in den Schatten des eigenen Werkes zurückzuziehen!
Es ist zumindest im ersten Band das "Neapel - Quartetts", die Langeweile einer simplen Story, angefeuert durch seltsame Cliffhanger und eine Erzählweise, die in der Handlung vor - und zurückspringt, um am Ende eine absurd naive Auflösung zu bieten, die vorherrscht.
Elena und Lila wachsen auf, treten immer wieder in Konkurrenz zueinander, pubertieren etc. und bleiben immer seltsam blass.
Alle anderen Figuren um sie herum, wirken klischeehaft, wie in alten italienischen Filmen, in denen die Frauen aussahen wie Sophia Loren, und die Männer das Sagen hatten.
Von der wundervollen Stadt Neapel wird so gut wie nie wirklich erzählt. Nichts in diesem Roman ist sinnlich, es gibt keine detaillierten Beschreibungen von Mensch, Natur, Gefühlen oder Gerüchen, es gibt keine Atmosphäre, alles bleibt Befindlichkeit.

Mir geht es mit diesem Roman, wie dem kleinen Jungen aus "Des Kaisers neue Kleider", der sich fragt, wieso niemand sieht, daß der Kaiser nackt ist...