Schöne, aber etwas langatmige Beschreibung einer Frauenfreundschaft

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Elena und Raffaella, genannt Lila, wachsen in den 1950er-Jahren in ärmlichen Verhältnissen in Neapel auf. Zwischen beiden entsteht eine lebenslange Freundschaft, die zu großen Teilen aus Konkurrenz und Neid gespeist wird. Während die hochbegabte Lila nach wenigen Jahren die Schule verlässt und in der väterlichen Schusterei arbeitet, besucht die ehrgeizige Elena durch die Fürsprache ihrer Lehrerin das Gymnasium.
In der Pubertät entwickelt sich Lila zu einer ausgesprochenen Schönheit, die von allen Männern in ihrer Umgebung begehrt wird. Auch der reiche und deutlich ältere Marcello, der Kontakte zur Mafia hat, umwirbt sie. Doch sie entscheidet sich für den ebenfalls wohlhabenden Stefano, den sie bereits mit 16 Jahren heiratet.
Die Freundschaft zwischen Elena und Lila reißt in der Pubertät zwar nicht ab, aber Elena konzentriert sich sehr auf die Schule und legt großen Wert darauf, die Beste zu sein. Sie wünscht sich Lilas Anerkennung und Bewunderung, muss aber feststellen, dass diese wenig Interesse zeigt oder sie mühelos überflügeln kann. Erst als sich Lilas frühe Hochzeit abzeichnet, nähern sich beide wieder an.

Der Roman beginnt, als die Ich-Erzählerin Elena die 60 Jahre überschritten hat und schon lange nicht mehr in Neapel lebt. Lila hingegen hat Neapel nie verlassen. Mehr erfährt der Leser in diesem Buch über die erwachsenen Freundinnen im Grunde aber nicht, denn es endet mit der Hochzeit der 16jährigen Lila. Dafür erfährt man viel über das Leben der Bewohner dieses Teils von Neapel, das Beziehungsgeflecht in diesem Mikrokosmos, den Elena mit dem Besuch des Gymnasiums verlässt.

Um den Überblick über die Vielzahl der Personen nicht zu verlieren, ist dem Buch ein ausgesprochen hilfreiches Figurenregister beigefügt.

Meine geniale Freundin ist leicht lesbar, flüssig geschrieben und Bilder von Orten und handelnden Personen stellen sich beim Lesen problemlos ein. Allerdings war mir zunächst nicht klar, dass es sich nicht um eine abgeschlossene Geschichte handelt, sondern nur die Kindheit und Jugend der beiden Freundinnen behandelt. Die Aussicht, weitere drei Bände lesen zu müssen, um bei der Anfangsszene anzukommen, schreckt mich dann doch eher ab. Ich fürchte, dass die durchaus eindrucksvollen Beschreibungen dann auf Dauer doch eher etwas langatmig werden.
Aber vielleicht werden meine Befürchtungen ja mit dem zweiten Band zerstreut.