vielschichtig, emotionale Literatur gewürzt mit viel Prosa

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nocheinestefanie Avatar

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„Es gibt Dinge, die ich niemals zugeben kann, flüsterte sie, - Dinge, die zu groß sind, sie konnte kaum atmen, - die mich zerstören können … Tränen liefen ihr über die Wange, ihr seid zu viele. Die Muskeln in ihrem Bauch spannten sich an, ins Dunkel hinein, einer nach dem anderen. Eine Wahrheit so groß, dass sie allem anderen im Weg stand.
Wer mit ganzem Sein liebt, wird die Liebe nicht überleben.“

So beginnt „Meine Männer“ von Victoria Kielland und ich konnte es ab der ersten Seite nicht mehr zur Seite legen. Am Abend hatte ich es durchgelesen und begann von vorne. Dieses Mal langsamer und mit einem Bleistift bewaffnet, um all die vielen Sätze voll von Prosa und neuen Worten, zu markieren. Unmöglich, all die kunstvollen Sätze und Gedanken hier in dieses kleine Textfeld zu hämmern – unmöglich auch, da sie Spielraum für eigene Interpretationen bieten, in dem jeder von euch etwas anderes sehen wird – oder auch nichts sehen wird, weil es ihn nicht anspricht. Denn: Dieses Buch ist sicher nicht für jeden Leser gleich geeignet, es erfordert Ruhe, Tiefgang, sicher auch, dass man selbst schon einmal eintauchen musste in die Abgründe der Seele.
In „Meine Männer“ wird man nicht lesen: „Sie öffnete das Fenster und ließ frische Luft hinein, sondern: „Sie ließ die kalte Morgenluft die Kammer fluten und den Geruch ihres klaffenden Körpers nach draußen schwemmen.“
Ich hab`s geliebt! Gleichzeitig empfand ich für die Protagonistin – und mit deren Augen ist dieser Roman, der an eine wahre Begebenheit angelehnt ist, geschrieben, unendlich viel Mitleid. Es wird versucht zu ergründen, warum Brynhild im Laufe ihres Lebens zur Mörderin wird, was in ihr vorgeht, womit sie kämpft und woran sie scheitert.
Dabei zeichnet die Autorin, wie ich finde, ein gutes Bild von ihr und ihrer Zerrissenheit zwischen Hoffnung und Dankbarkeit und tiefer Traurigkeit. Oft wechselt beides bereits im nächsten Satz und zeigt damit das Dilemma, indem sich Brynhild befindet. Es hat mich tief berührt und besonders im ersten Teil des Buches hätte ich sie gerne an die Hand genommen und zur Seite gestanden. Vielleicht hätte das damals bei der echten Brynhild im Jahre 1876 auch einfach jemand tun solln, vielleicht wäre dann alles anders gekommen, vielleicht … ?

Für mich eindeutig ein Lesehighlight und eins der wenigen Bücher, welches bleiben darf.

„Sie spürte das Sonnenlicht durch Fenster warm auf ihrem Gesicht, was war das sonst, wenn nicht Liebe. Sie fühlte ganz deutlich. Die heilige Kraft. Das absolut Reine.“
Und dann wieder:
„Wie ein Tintentropfen in einem Wasserglas tat sich die Dunkelheit auf, verteilte sich lautlos und füllte sie bis an den Rand des Augenlids, bis kein Gedanke mehr übrig war.“