Besser spät als nie!

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ada2011 Avatar

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So empfinde ich die Reise zurück in die Vergangenheit der Mutter der Autorin. Denn die Vergangenheit macht einen Menschen aus, formt ihn und disqualifiziert ihn leider auch sehr oft für das Leben.
So ist es wohl auch Gila gegangen. Als sehr junges Kind wurde sie über alle Maßen verwöhnt, weil sie so zerbrechlich und niedlich war. Dann musste die Familie ihren sämtlichen Besitz zurücklassen, weil der 2. Weltkrieg die Verlierer zu noch größeren Verlierern machte, in dem Grenzen verschoben wurden und Tausende, nun plötzlich Flüchtlinge ohne Hab und Gut, ihr gutes Leben verlassen mussten. Gila fällt letztendlich aus ihrem Daunenbett auf die harte Erde. Sie verliert ihren Bruder kurz vor Ende an den Krieg, den Teil ihrer Geschwister, der ihr am nächsten war.
Und Gila schlägt sehr hart auf. Plötzlich geht es um die Existenz der Familie. Hinzu kommt, dass suizidale Vorkommnisse in der Familie leider bereits vorgekommen sind, mehr als einmal.
Mit hat die Rückerinnerung an ihre Mutter von Bettina Flitner sehr gut gefallen. Die ersten Seiten sind hart geschrieben gegen die Mutter. Doch dann macht sich die Autorin auf die Suche nach den Ursprüngen ihrer Familie und Stück für Stück kommt einem Gila näher. Man beginnt zu verstehen, dass es auch in dieser Familie viele graue Töne gibt zwischen schwarz und weiß. Die Mutter wurde mir nahe. Ich konnte mir ihre Verzweiflung vorstellen.
Schonungslos berichtet die Autorin auch von den moralischen Unvollkommenheiten, die besonders den Frauen der Familie sehr zusetzen, die sich damals eben noch nicht wehren konnten, weil Frauen noch lange nicht die gleichen Rechte hatten wie die alles entscheidenden Männer.
Dieses Buch sei allen ans Herz gelegt, die nicht ausschließlich seichte Literatur bevorzugen.