Nachwirkendes Familienschicksal und Sprachlosigkeit

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phoebe caulfield Avatar

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Als Bettina Flitner nach Jahrzehnten das Grab ihrer Mutter besucht, wird sie von lange verdrängten Fragen über deren Leben und tragisches Ende (Suizid) eingeholt. Sie begibt sich auf eine persönliche Spurensuche, die sie tief in die Vergangenheit führt – nach Wölfelsgrund in Niederschlesien, wo ihre Vorfahren ein Sanatorium betrieben. Mithilfe von Tagebüchern, Briefen, Fotos und eigenen Erinnerungen rekonstruiert sie das Leben mehrerer Familiengenerationen sowie das ihrer Mutter. Beides ist tief geprägt von Verlust, Sprachlosigkeit und familiären Brüchen.

Bereits in dem Vorgängerbuch "Meine Schwester" klingt die komplexe und zutiefst tragische Familienhistorie an. In "Meine Mutter" geht die Autorin nun noch einmal weiter in der Familiengeschichte zurück. Auf Basis der o.g. Quellen und Dokumente entsteht ein sehr lebhaftes Portrait der damaligen Zeit und Umstände. Allerdings war es genau dieser literarische Ansatz, der mich zeitweise recht verwirrt hat: Was ist nun "echt"? Was ist künstlerische Freiheit und Fiktion?" Da musste ich mich erst einmal etwas orientieren.
Zudem finde ich, dass man als Leser_in im Vergleich ziemlich viel zu Großeltern und Eltern erfährt, weniger im Detail allerdings zur Mutter selbst. Hier hatte ich ursprünglich den Schwerpunkt des Buches erwartet und finde daher, dass das Titelversprechen nicht ganz einlöst wird.

Als Fazit bleibt das Buch aber ein beeindruckendes Panorama eines Familienschicksals, das einem teils intensiv unter die Haut geht. Es lässt sich sehr gut nachvollziehen, wie stark und einschneidend die jüngere Generation (die Mutter sowie die Schwester) geprägt wurde.