Erst im letzten Drittel spannend

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tinstamp Avatar

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Bewertung: 3 1/2 Sterne

Mein erstes Buch von Martin Suter...ist es zu glauben. Worum geht es?
Tom Elmer ist ein arbeitsloser Anwalt, der dringend einen Job benötigt, nachdem sein Vater gestorben und damit sein Geldhahn abgedreht wurde. Da entdeckt er ein ungewöhnliches Angebot. Alt-Nationalrat Dr. Peter Stotz ist schwer krank und sucht jemand mit juristischen Kenntnissen, der seinen umfangreichen Nachlass ordnen und in eine präsente Form bringen soll. Tom willigt ein und unterschreibt einen Vertrag, der ihn für ein Jahr verpflichtet. Solange er für Stotz arbeitet, kann er in seiner Villa am Zürichberg zu wohnen. Zusätzlich erhält er ein ansehnliches Gehalt.
Schon ab dem ersten Tag wird bei Kamingesprächen und diversen Weinen und Spirituosen geplaudert. Immer wieder kommt dabei die Sprache auf Melody, die ehemalige Verlobte von Peter Stotz, die kurz vor der Hochzeit verschwunden ist. Unzählige Portraits der jungen Frau füllen die Villa, denn Stotz kann seine große Liebe nicht vergessen. Nach und nach erzählt er Tom, wie er Melody kennen und lieben gelernt hat, von den muslimischen Eltern, die ihn abgelehnt haben. Bis heute kommt er über den Verlust nicht hinweg. Doch erzählt Peter auch die ganze Wahrheit?

Der Anfang gestaltet sich beim Lesen leider etwas zäh. Es dauert bis der Roman Fahrt aufnimmt, doch danach wird die Story richtig interessant. Es wird sehr viel gegessen und getrunken. Mariella, die italienischstämmige Haushälterin, tischt gut und üppig auf und bei dem einen oder andern Glaserl Wein oder Aperitif erzählt Doktor Stotz aus seiner Vergangenheit.
Suter serviert die Geschichte um Melody nur häppchenweise und so erfährt der Leser immer nur genauso viel, wie Tom und Laura, die Großnichte von Peter Stotz. Doch mit der Zeit kommen nicht nur mir Zweifel, ob Stotz die Wahrheit spricht, sondern auch unserem jungen Anwalt. Dieser versucht neben seiner Arbeit um den Nachlass von Peter Stotz mehr über Melody herauszufinden...

Das etwas angestaubte Ambiente, welches nicht wirklich dem heutigen Zeitgeist entspricht, erinnert mit der Zeit immer mehr an diverse britische Krimis, obwohl der Krimianteil sehr gering ist. Das Mysterium um Melody hält die Geschichte am Laufen und hat mich schlussendlich ans Buch gefesselt, denn ich wollte unbedingt wissen, was mit der jungen Frau passiert ist.
Ein absolut gelungener Twist im letzten Drittel dreht die Handlung komplett um und bringt endlich mehr Spannung in den Roman. Ab diesen Zeitpunkt habe ich das Buch in einem Rutsch fertig lesen müssen.

Der Schreibstil von Martin Suter ist atmophärisch, aber ruhig. Die Dialoge haben oftmals auch einige humorvolle Spitzen. Der wirklich starke Alkoholkonsum hat mir allerdings nicht gefallen.
Die Charaktere sind sehr lebendig gezeichnet und das Ambiente wird sehr bildhaft geschildert. Als Leser sitzt man mitten im Zimmer und hört den Geschichten des alten Nationalrates gebannt zu. Aber auch einige der handelnden Personen kommen zu Wort und erzählen aus ihrer Sicht. Die Story ist eher ruhig und nimmt erst im letzten Drittel richtig Fahrt auf.

Fazit:
"Melody" hat mich überrascht. Es dauert zwar einige Zeit, bis die atmosphärisch erzählte Geschichte Fahrt aufnimmt, aber dann muss man wissen, was es mit der titelgebenden Melody auf sich hat. Nach dem Zuschlagen hat man genug zum Nachdenken über die Auslegung von Wahrheiten...