Lesevergnügen

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Von

„Ich habe mein ganzes Leben versucht, der Welt ein bestimmtes Bild von mir zu vermitteln. Ihre Aufgabe besteht darin, dieses auch für die Nachwelt zu bewahren.“ (Zitat Seite 26)

Inhalt
Für Tom Elmer, dreißig Jahre alt, zwei Master-of-Law-Abschlüsse, ist dieser Job ein Glücksfall, großzügige Bedingungen, ein Jahresvertrag. Dr. Peter Stotz, geboren 1938, ehemaliger Politiker mit Sitz in den Verwaltungsräten von Banken und Großkonzernen, einflussreich, erfolgreich, Kunstmäzen, sucht jemanden mit juristischen Kenntnissen und Sichtung des umfangreichen Archivs eines ganzen Lebens und die Ordnung seines Nachlasses. Bald ist Tom klar, dass es Peter Stotz vor allem darum geht zu erzählen und jemanden zu haben, der zuhört, bei den gemeinsamen Mahlzeiten und an den langen Abenden, denn Tom wohnt in der Villa. Alle Erinnerungen von Peter Stotz drehen sich um ein Thema: Melody Alaouni, die Liebe seines Lebens, die drei Tage vor der Trauung spurlos verschwunden ist. Dies ist nun über vierzig Jahre her, doch wie schon auf der Fassade der Villa in vergoldeten Lettern zu lesen ist: Tempus fugit, amor manet.

Thema und Genre
In diesem Roman geht es um Sein und Schein, das eigene Leben und die Erinnerungen zwischen Fakten und Fiktion, um den Wunsch, das während langer Jahre der Öffentlichkeit präsentierte Bild auch zu bewahren. Es geht um Liebe, Beziehungen in vielen Facetten und Bedeutungen, um die unterschiedlichen Formen von Wahrheit.

Charaktere
Martin Suter ist ein Meister der leisen Zwischentöne in den Eigenheiten und Befindlichkeiten seiner Figuren. Im Mittelpunkt der Geschichte stehen drei unterschiedliche Charaktere: Peter Stotz, schwer krank, der auch nach über vierzig Jahren die Erinnerungen an die Liebe seines Lebens pflegt. Tom Elmer ist neugierig, wenn auch mit der Verschwiegenheit eines Anwalts, und das Rätsel um das Verschwinden der jungen Frau wird für ihn zu einer Aufgabe, die er lösen will. Der dritten Hauptfigur, Melody, begegnen wir nur auf den vielen Porträts, die an den Wänden der Villa hängen, und in Peters Erzählungen. „Das Porträt einer jungen Frau. Sie saß in einem Polstersessel vor einer Bücherwand, hatte ein aufgeschlagenes Buch auf dem Schoß und sah fragend auf, als wäre sie vom Betrachter gestört worden.“ (Zitat Seite 17)

Handlung und Schreibstil
Die Geschichte wird in zwei unterschiedlichen Erzählperspektiven geschildert. In der aktuellen Zeit steht Tom Elmer im personalen Mittelpunkt. Die Vergangenheit, besonders seine Zeit mit Melody und die nachfolgenden Jahre der Suche nach ihr erzählt Peter Stotz als Ich-Erzähler in den vielen langen Gesprächen mit Tom. Dies macht die spannende Geschichte noch abwechslungsreicher und lässt uns Lesenden auch Raum für eigene Überlegungen, denn gerade Geschichten, selbst erzählt von dem, der sie erlebt hat, lassen viel Spielraum für Interpretationen und Varianten. Wer schon Romane von Martin Suter gelesen hat weiß, dass es bei diesem Autor nie nur eine Wahrheit gibt, und auch Offensichtliches plötzlich Überraschungen birgt. Die Sprache erzählt gekonnt und elegant, mit vielen feinen Nuancen.

Fazit
Kurz gesagt, dieser Roman beinhaltet alles, was man sich von einer anregenden, spannenden, unterhaltsamen Lektüre erhofft, eine überzeugende Geschichte, facettenreiche Figuren und interessante Themen zum Nachdenken.