Märchenhaftes Rätsel

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bobbi Avatar

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In seinem neuen unterhaltsamen und fantasiereichen Roman „Melody“ geht der renommierte Schriftsteller Martin Suter mit gewohnter Bestseller-Manier dem mysteriösen Verschwinden einer marokkanischen Geliebten nach – rund um die Welt und Jahre sucht ein betuchter, alter Mann aus der oberen Schweizer Schicht nach dem Verbleib von Melody und engagiert dabei einen jungen, arbeitslosen Juristen.

Dr. Peter Stotz ist mittlerweile gebrechlich und krank, war aber einst ein angesehener Politiker und Unternehmer – nun lebt er in einer imposanten alten Villa mit Butler & Co. in Zürich, die geschmückt ist mit zahlreichen Porträts von seiner großen unerfüllten Liebe Melody, die eigentlich Tarana heißt und kurz vor der Hochzeit vor einigen Jahrzehnten überstürzt verschwunden ist. Wurde sie gar entführt? Bei zahlreichen, ausschweifenden Gesprächen mit exquisitem Essen und Trinken (das auch sehr ausführlich beschrieben wird) erörtert Stotz dem neuen Angestellten zur Nachlassverwaltung Tom die Geschehnisse aus der Vergangenheit und was er ein Leben lang investiert hat, um das Rätsel um die wunderschöne Buchhälterin Melody zu lüften. Gemeinsam machen sie sich auf eine spekulationsreiche Recherche, reisen sogar nach Athen – doch wieviel von Stotz' Geschichten sind überhaupt glaubwürdig und was ist inszenierte Selbstdarstellung?

In einer ruhigen, flüssigen Sprache hat Martin Suter eine wendungsreiche mit feinem Humor und doppelten Böden gespickte Erzählung entworfen, die nicht nur am Ende einige Überraschungen bereithält. Nichts ist so, wie es scheint und Stück für Stück scheint der Protagonist Tom der Wahrheit näherzurücken, um dann wieder ratlos dazustehen und sich in Stotz' Großnichte zu verlieben. Immer wieder ändert sich das Bild von Stotz und Melody schlagartig.

Streckenweise ist das im sonst eleganten Roman etwas langatmig geworden und der Spannungsbogen hätte etwas steiler sein können – und trotzdem schafft es Suter wieder hervorragend, den Leser soghaft-amüsant bis zum Ende rätselnd um den Finger zu wickeln. Die verschiedenen weltweiten Schauplätze samt Villa sind bildgewaltig und atmosphärisch beschrieben, das Luxus-Essen sieht man vor sich und der Plot lebt von Suters augenzwinkernd lakonischer Erzählweise und den Anleihen an vergangene, literarische Klassiker.