Schwermütige Geschichte zwischen Schein und Sein

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Martin Suter zieht mich mit diesem Buch in den Bann, so dass ich nicht aufhören konnte zu folgen und zu blättern und zu rätseln und mitzuerleben.

Der Nationalrat Dr. Stotz stellt Tom Elmer als Verwalter seines Nachlasses ein, denn Stotz‘ Leben neigt sich dem Ende. Bei ihm im Haus wohnend hantiert Tom mit Bergen von Papieren und Kisten, ist beauftragt zu schreddern oder für die Nachwelt zu sortieren. Stotz, dem Alkohol gut zugetan, erzählt Tom redselig eine tragische Liebesgeschichte. Seine Verlobte Melody sei drei Tage vor der Hochzeit verschwunden. Überwunden hat er diese Frau nie, das Haus vom Kult um diese Frau gezeichnet. Tom begibt sich auf die Suche. Es entspinnt sich eine Geschichte zwischen Schein und Sein, zwischen Wahrheit und Fiktion. Stotz’ Nichte Laura fragt „Sind Geschichten nicht immer erfunden? Spielt es eine Rolle, ob sie Wahrheit oder Fiktion sind?“ Tom antwortet „… Für Juristen ist Fiktion der natürliche Feind der Wahrheit.“ - „Bist du sicher?“ - „Nein.“

Die Charaktere wie bspw. der befreundete Schriftsteller Bruno oder die Nichte Laura sind glaubwürdig, authentisch und ungeschönt. Martin Suter zeichnet mit Sprache plastische Bilder, die schwermütige Stimmung in Stotz‘ Villa und das Bedürfnis, in die Szenerie einzutauchen. Situationen vor dem Kamin oder beim Dinner mit Haushälterin und Pflegerin saugen beim Lesen so ein, dass ich das Buch in einem Rutsch gelesen habe. Es wirkt nach, so wie jeder Suter nachwirkt.