Typisch Suter

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mike nelson Avatar

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Typisch Suter. Dass Martin Suter sein Handwerk versteht, das hat er mit seinem aktuellen Roman "Melody" erneut unter Beweis gestellt. Manchmal ist es nicht so sehr die eigentliche Handlung, die selbstverständlich auch in "Melody" wieder einmal gut durchkomponiert ist; vielmehr ist es Suters Fähigkeit, die Lesenden ab der ersten Seite an die Hand zu nehmen, um die Seelentiefen und Motive seiner Figuren zu erkunden. Und zumeist ist Suters Literatur auch ein Sinnenrausch - und wie oft ist mir in"Melody" bei den beschriebenen kulinarischen Köstlichkeiten das Wasser im Munde zusammengelaufen. In "Melody" versucht sich der Autor zum Thema Fiktion und Wirklichkeit - ob sich denn die Fiktion der Wirklichkeit anzupassen habe, oder umgekehrt und ob nichtvielleicht jeder gerne seine Lebenswahrheit zu einer wünschenswerten Fiktion umkonstruiert ... Dr. Stotz beauftragt den jobsuchenden Juristen Tom, seinen Nachlass zu regeln; dieser bekommt dafür einen herausragend gut dotierten Jahresvertrag und Kost und Logis bei seinem Dienstgeber; er solle ein für die Öffentlichkeit bereinigtes Bild des Lebens von Ex-Nationalrat Stotz herstellen. Dabei wird Tom in hochherrschaftlicher Umgebung zum Zuhörer von Stotz' Lebensgeschichte und dessen immer noch andauernder Suche nach seiner großen Liebe Melody, die vor Jahrzehnten kurz vor der geplanten Hochzeit spurlos verschwunden ist. Und bald ahnt Tom, dass Stotz ihm nich alles offenbart und er begibt sich mit Unterstützung von Stotz' Nichte Laura auf die Suche. Und erst auf der letzten Seite offenbart sich schließlich das letzte Geheimnis. Eine gute Lektüre, die in der Tradition von Max Frischs Überlegungen zum Thema 'Biographie' steht. Unbedingte Leseempfehlung!