Spannend, aber ein bisschen unbeseelt

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merkurina Avatar

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Ja, es ist ein echter pageturner. Eines der Bücher, die man in die Hand nimmt, irgendwann am Tag, und durch die man dann alle anderen Vorhaben vergisst. Eines der Bücher, für die man später einschläft, als man es ursprünglich vorhatte. Und das empfand ich, nach zäheren, langsameren Lektüren der Tage zuvor, mal wieder total klasse - so in die Spannung eines Buches hineinzulesen und von ihr mitgerissen zu werden.
Dennoch habe ich eine Irritation empfunden bei diesem Thriller, der vor dem Szenario einer nahe-zukünftigen, klimakrisenhaften Gesellschaft mit einem neuen sozialen Prekariat, spielt. Die Protagonisten in dieser wohlkonstruierten story mit ihren switches und vielleicht etwas übertriebenen Zufällen kamen mir seltsam seelenlos vor. Sie wirken etwas skizziert: gut/böse, arm/reich, Freund/Freind und haben kein sehr ausdifferenziertes Innenleben.
Dabei scheint es für die Reichen in ihren Villen kaum eine Änderung gegeben zu haben, mit ihren Klavieren und Flügeln, mit ihrer humanistischen Bildung scheinen sie kaum die geänderte, digitalisierte, prekariarisierte Wirklichkeit zur Kentnis zu nehmen, sie leben so wie heute auch.
Den Thriller in eine besorgniserregende Zukunft zu pflanzen, in der, wer kann, immer noch so tut, als sei alles normal, finde ich beeindruckend politisch.