Spannendes und erschreckendes Zukunftsbild

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silke2207 Avatar

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Deutschland in einer nicht allzu fernen Zukunft: einst träumte Harriet davon, eine große Pianistin zu werden. Von der Musikhochschule war sie bereits angenommen worden und ihre Konzerte fanden in einem immer größeren Rahmen statt. Doch dann musste ihre Hand operiert werden und bei der Operation ging etwas schief. Nach unzähligen OP’s verließ sie gemeinsam mit ihren Eltern München und zog nach Frankfurt. Seitdem sind viele Jahre vergangen und die Welt um sie herum verändert sich immer mehr. Als sie bei einem Brand per Zufall einer älteren Dame das Leben rettet, scheint diese Harriet zu erkennen und auch Harriet kann sie daran erinnern, die Dame schon einmal getroffen zu haben. Nach und nach kommen immer mehr Erinnerungen und plötzlich weiß Harriet nicht mehr, was wirklich wahr ist, ihre Erinnerungen oder die plötzlich aufblitzenden Gedanken.
Cover und Klappentext sind hier sehr überzeugend und versprechen eine äußerst interessante Story, die ich dann auch mit Memoria erhalten habe. Allerdings viel mir der Einstieg nicht ganz so leicht. Zoe Beck wirft den Leser gleich mitten in die Geschichte und man oder hier besser ich, benötigte einfach einen Moment, um mich hier zurecht zu finden. Zwar wusste ich vom Klappentext, dass das Buch in naher Zukunft spielt, trotzdem war das Eingangsbild, ein großer Waldbrand, erstmal erschreckend.
Auch der Schreibstil ist zu Beginn noch nicht ganz meiner gewesen, denn hier wird nicht ein Wort zu viel gesagt oder erwähnt. Ein beinahe abgehackter, minimalistischer Schreibstil, zunächst schwierig um am Ball zu bleiben, je weiter die Geschichte allerdings fortfuhr, desto eindringlicher kam mir das Geschehene genau dadurch vor.
Ohne auszuschweifen oder bildreiche Details von sich zu geben, versetzt Zoe Beck einen immer mehr in die Geschichte. Zu Beginn fand ich es noch etwas zu ruhig, doch auch hier galt, je mehr ich von Harriet und ihrer Geschichte erfuhr, desto neugieriger wurde ich. Letzten Ende habe ich das gesamte Buch an nur einem Abend verschlungen, weil ich einfach wissen wollte, welche von Harriets Erinnerungen nun richtig sind.
Das gesamte Zukunftsszenario ist leider nur allzu gut vorstellbar. Waldbrände sind an der Tagesordnung, Temperaturen über 35 Grad nicht ungewöhnlich, Wasser und Energie sind knapp und die Schere zwischen arm und reich klafft weiter auseinander denn je. Das alles habe ich der Autorin absolut abgekauft, fühlt es sich doch heute schon so an, als würden wir genau auf solch eine Zeit zusteuern.
Harriet kam mir auch erst leblos vor, ein Mensch, der vor sich hinlebt, ohne große Ziele oder Träume. Gut, dieses Zukunftsbild lässt auch nur wenig Spielraum für große Träume. Aber irgendwie war sie so, wie Becks Schreibstil, abgehackt, fast leblos. Doch je mehr Harriet beginnt, ihren Erinnerungen auf die Spur zu gehen, desto mehr scheint sie auch aufzuleben. Letzten Endes mochte ich Harriet sehr gerne und ihre Handlungen waren stets nachvollziehbar.
Neben Harriet gibt es unterschiedliche Nebencharaktere, die zwar zum allergrößten Teil auch nebensächlich bleiben, aber natürlich immer wieder passende Impulse für den Fortgang der Story boten.
Mein Fazit: nach leichten Einstiegsschwierigkeiten entpuppte sich Memoria als ein spannender Thriller, der in der nahen Zukunft spielt. Mit nur wenigen Worten schafft es die Autorin, dem Leser das Szenario vors innere Auge zu transportieren. Spannend mit einer sympathischen Protagonistin, bei der man selbst erfahren möchte, was ihr wirklich widerfahren ist.