Zwischen all dem Gold blieb mir zu viel Grau

Voller Stern Voller Stern Voller Stern Leerer Stern Leerer Stern
lizzy305 Avatar

Von

Memories So Golden Like Us war für mich ein sehr ambivalentes Leseerlebnis. Obwohl Gabriella Santos de Lima wie immer einen gefühlvollen und atmosphärischen Schreibstil hat, der Emotionen zuverlässig transportiert, blieb das Buch insgesamt hinter meinen Erwartungen zurück.
Besonders bei Blair hatte ich das Gefühl, dass ihre Entwicklung lange stagniert. Natürlich ist es realistisch, dass jemand, der so tief in Trauer steckt, nicht einfach aus diesem Schmerz herausbrechen kann. Genau das macht den Ansatz eigentlich authentisch. Dennoch fehlten mir im Verlauf kleine Zwischenschritte, Momente des Wachstums oder der Rückgewinnung von Lebensfreude. Stattdessen verläuft Blairs innere Reise über weite Strecken kaum spürbar – und zum Ende hin geht die Entwicklung dann plötzlich sehr schnell, fast überstürzt. Auch ihr Bezug zur Kunst, der ein so wichtiger Teil ihrer Identität ist, kam für meinen Geschmack deutlich zu kurz.
Mit Connor ging es mir ähnlich. Er bleibt erstaunlich blass und austauschbar, sodass es mir schwerfiel, einen echten Zugang zu ihm zu finden. Mir fehlten prägende Eigenschaften, Konflikte oder eine besondere Hintergrundgeschichte, die ihm Tiefe gegeben hätten. Dadurch wirkte er eher wie eine Figur, die die Handlung stützt, statt wie ein lebendiger, eigenständiger Charakter.
Unerwartet war für mich auch die Fülle an erotischen Szenen. Zwar ist das Geschmackssache, aber da ich von der Autorin bisher anderes gewohnt war, hat es mich überrascht – und irgendwann war es mir tatsächlich etwas zu viel.
Was mir dagegen wirklich gut gefallen hat, sind die eingestreuten Zeitungsausschnitte, Kommentare und Chats. Diese Elemente lockern das Lesen nicht nur auf, sondern bringen auch zusätzliche Perspektiven und Dynamik in die Geschichte.
Trotz aller Kritikpunkte hat mich das Buch emotional sehr berührt. Santos de Lima schafft es nach wie vor, Gefühle intensiv zu vermitteln – in diesem Fall waren es jedoch überwiegend schwere, negative Emotionen. Dadurch wirkte die Geschichte auf mich streckenweise bedrückend und belastend, was sicherlich beabsichtigt ist, mir aber die Lektüre erschwert hat.
Insgesamt bin ich hin- und hergerissen. Memories So Golden Like Us hat starke Momente und wird sicher viele Leser*innen bewegen. Für mich persönlich blieb es jedoch hinter seinem Potenzial zurück.