Der Titel hätte treffender nicht sein können. Lesenswert und wichtig !

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Menschen neben dem Leben
von Ulrich Alexander Boschwitz
‚Wie konnte das passieren?‘ - eine Frage, die sich die Generationen nach 1945 gestellt haben. Im Buch von Ulrich Alexander Boschwitz finden sich Antworten. Es wird nachvollziehbar, wenn Menschen am Abgrund stehen, ohne Perspektive, ohne einen der Funken der Hoffnung, dass sich die Situation ändern könnte. Einzig der Gedanke zu überleben zählt und hier findet jeder seine ganz eigene Strategie.


In ‚Menschen neben dem Leben‘ wird die Leserin von der ersten bis zur letzten Seite mitgenommen in das Berlin der Zwanzigerjahre. Das emotionale Teilhaben an Leid und Selbstaufgabe, an Überlebensstrategien und dem kleinen, kurzen Glück im Gasthof ‚Der fröhliche Waidmann‘ berührt. Jeder der Protagonisten sucht seinen Weg, als Krimineller, Prostituierte, Bettler, Zuhälter, Gastwirt, es bilden sich Zwangsgemeinschaften und der Gedanke einer, wenn auch noch so kleinen Situationsverbesserung, hält die Menschen am Leben. Kontinuierlich bewegt sich die Geschichte auf die unvermeidliche Eskalation zu. In den Strudel der Ereignisse geraten zudem Prostituierte und eine Kriegswitwe, die sich weigert zu glauben, dass ihr Mann gefallen ist. Sie ist von einer Verschwörungstheorie überzeugt und gibt die Hoffnung an ein Wiedersehen mit ihrem Mann nicht auf.


Ich habe bereits ‚Der Reisende‘ vom Autor gelesen und war beeindruckt. Auch in Menschen neben dem Leben gelingt es ihm deutlich zu machen, was neben den grossen Schauplätzen geschah. Kleine Leute mit grossen Sorgen. Die politische Situation wird kaum angesprochen, dennoch wird nachvollziehbar, dass einem, der Abhilfe verspricht, Brot und Arbeit für alle, nur allzu gern Glauben geschenkt wird. Armut, Arbeitslosigkeit, Hoffnungslosigkeit,


Mein Fazit: Es ist ein wichtiges Buch, gerade in einer Zeit, in der rechtes bis rechtsradikales Gedankengut wieder einen Platz in der Gesellschaft findet. Alle die zurückschauen und entsetzt sind, sich fragen ‚Wie war so etwas möglich?‘ sollten vielleicht in der Gegenwart schauen, wie wir es schaffen, dass so etwas nicht wieder möglich wird.