Die Armut der 30er Jahre

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miriam0000 Avatar

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Anfang der 30er Jahre in Deutschland: Die Goldenen 20er Jahre sind vorbei, die Industrialisierung ist bereits weit fortgeschritten und zeigt sich ihre negativen Auswirkungen: Die Arbeitslosigkeit unter Arbeiter, die mittlerweile von Maschinen ersetzt wurden, ist hoch und damit auch die Armut. Viele leben nur von Tag zu Tag, halten sich mit Gelegenheitsjobs über Wasser, gehen betteln oder werden kriminell.
In „Neben dem Leben“ begleitet der Leser eine Reihe an Figuren an einem Tag ihres Lebens, die so unterschiedlich sie auch sind, eines gemeinsam haben: sie stehen finanziell (und auch gesellschaftlich) vor dem Abgrund. Da wären beispielsweise der ältliche Bettler Fundholz mit seinem geistig behinderten Begleiter Tönnchen, der kriegsversehrte und blinde Sonnenberg mit seiner Frau und der Kleinkriminelle Grissmann, der auf einen großen Coup hofft, der ihn wieder in die Gesellschaft zurückkatapultiert. Eindrucksvoll beschreibt Boschwitz die unterschiedlichen Arten von Armut und gesellschaftlicher Randstellung – nicht nur Bettler und Kriminelle, sondern auch Prostitution und Behinderung spielen in dem Roman eine Rolle. Daher finde ich den Titel sehr passend gewählt: Der Autor beschreibt das Leben von Menschen, die auf irgendeine Art und Weise nicht dazu gehören und außen stehen, eben „neben dem (gesellschaftlichen) Leben“.
Der Roman zeigt dem Leser als historisches Zeitdokument, wie unterschiedliche Personen versuchen, mit der Arbeitslosigkeit klar zu kommen. Dabei erzählt Boschwitz in einer klugen und angenehm leichten Sprache von dem Leben in Berlin.
Alles in allem hat mir der Roman – wobei man meines achtens nach nicht von richtigen Roman sprechen kann – gut gefallen. Durch die Kürze von nur 200 Seiten und die Vielzahl an unterschiedlichen Personen, fällt es jedoch schwer, alles im Gedächtnis zu behalten. Es fehlt der Tiefgang und schon nach wenigen Tagen nach Beenden des Buches habe ich die meisten Namen vergessen. Was bleibt ist jedoch der eindrucksvolle Gesamteindruck – die Verzweiflung, die Armut –, sodass ich die Bezeichnung „Mileustudie“ wirklich sehr passend finde. Ich kann „Neben dem Leben“ allen empfehlen, die sich über die Zeit der 30er Jahre weiterbilden möchten, ohne direkt ein Geschichtsbuch lesen zu müssen. Das ist deswegen so wichtig, weil die damalige hohe Arbeitslosigkeit der Menschen einen nicht unwesentliche Beitrag zum Aufstieg des Nationalsozialismus beitrug.