Natur, Atmosphäre und ein ungeklärter Todesfall - Gute Unterhaltung

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corsicana Avatar

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Romane, die an der Pazifikküste im Nordwesten der USA spielen, am Puget Sound, haben einen eigenen Sound. Das empfand ich bei "Schnee, der auf Zedern fällt" so und auch letztens bei "Cascadia". In "Middletide" spielt wieder die Natur eine große Rolle bei der Atmosphäre. "Dieser Wald machte ihn immer noch nervös.(...) Es war nicht derselbe Wald seiner Jugend in der Blue Ridge. Die Wälder der Appalachen waren einfach und vorhersehbar. (...) Es waren laute, luftige Wälder... Die Wälder hier in Washington waren anders. Sie weigerten sich, sich nur dem Kalender zuliebe zu verändern und schienen für die Stille geschaffen zu sein." (S. 13).
In einem solchen Wald an einem versteckten See, der nur zu bestimmten Gezeiten erreichbar ist vom Meer aus, finden Fischer frühmorgens eine erhängte Frau. Bald ist klar, es kann eigentlich kein Selbstmord sein, auch wenn es auf den ersten Blick so wirkt. Unter Verdacht gerät schnell Elijah Leith, der in einer Hütte auf dem Grundstück in der Nähe des Sees lebt und der erst vor einiger Zeit in seine Heimat zurückgekehrt ist, nachdem er grandios als Schriftsteller gescheitert war. Und in seinem einzigen Roman, der passenderweise "Middletide" hieß, beschreibt er genau so einen Mord.....

Dies alles ist sehr atmosphärisch geschrieben. Am besten hat mir der Part gefallen, in dem Elijah zurückkehrt und sich langsam aber zielsicher eine neue Existenz als Selbstversorger in der Hütte aufbaut und nach und nach wieder ins Leben zurückfindet. Und irgendwie auch zu seiner Jugendliebe, die er damals für seine hochfliegenden Träume verlassen hatte. Doch dann passiert der Todesfall und Elijah will beweisen, dass er unschuldig ist....

Der Schreibstil ist erstaunlich ausgereift für ein Debüt und ich habe das Buch sehr gerne gelesen. Ein spannender Thriller ist es jedoch nicht, allerdings schon sehr verwirrend, zwischendurch war ich mir unsicher, wer nun Recht hat und was stimmt und was nicht. Manchmal gab es Längen und einiges geht nicht genug in die Tiefe. Und es gab für mich eigentlich keinen Grund, eine indigene Nation zu erfinden, wenn diese eigentlich keine große Rolle spielt. Denn die Geschichte hätte auch ohne funktioniert. Aber das sind jetzt Kritikpunkte auf hohem Niveau. Der Roman ist unbedingt lesenswert, unterhaltsam und kann schon ein wenig mit "Der Gesang der Flusskrebse" verglichen werden, beide Bücher bieten eindrucksvolle Schilderungen der Natur und einen Kriminalfall, der etwas mysteriös ist.
Eine Leseempfehlung für alle, die gerne sprachlich schöne Romane mit Atmosphäre, Naturschilderungen und etwas Spannung lesen.