Zwischen Verlust und Jagd

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catalina_san Avatar

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Der Einstieg in Minnesota ist fordernd und genau das bleibt zunächst hängen. Zeitsprünge und kurze, harte Aussagen werfen mehr Fragen auf, als sie beantworten. Dieses bewusste Stolpern zu Beginn fühlt sich irritierend an, aber auch typisch für Jo Nesbø. Man spürt schnell, dass hier nichts zufällig platziert ist und dass sich Bedeutung erst nach und nach entfalten soll.

Bob Oz wirkt vom ersten Moment an gebrochen. Der Verlust seiner Tochter liegt wie ein Schatten über jeder Szene und prägt seine Wahrnehmung, seine Gedanken und seine Arbeit. Ermittlungen sind für ihn kein reiner Beruf mehr, sondern ein Rückzugsort. Gerade diese innere Leere verleiht der Geschichte eine besondere Schwere und Tiefe. Die Jagd nach dem Täter ist spannend, aber noch stärker wirkt der Kampf, den Oz mit sich selbst führt.

Der Fall entwickelt früh eine beklemmende Dynamik. Ein Gegner, der immer voraus ist, falsche Spuren legt und Kontrolle ausübt, sorgt für unterschwellige Spannung. Nesbø versteht es, diese Atmosphäre ruhig aufzubauen, ohne sofort alles preiszugeben. Man liest weiter, nicht nur um den Täter zu finden, sondern um zu verstehen, wie weit dieser Weg führen wird.

Nach diesem ersten Eindruck erwarte ich einen düsteren, emotionalen Kriminalroman, der Geduld verlangt und dafür Tiefe verspricht. Minnesota fühlt sich an wie der Anfang einer Geschichte, die sich erst langsam öffnet, dann aber umso intensiver wirkt.