Fühlen, wahrnehmen, anerkennen, wertschätzen

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marielle_liest Avatar

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Eva und Lukas führen mit ihren beiden Kindern ein klassisches Familienleben - zumindest von außen betrachtet. Als Lehrerin und Künstler unterscheidet sich ihr beruflicher Alltag jedoch erheblich. Und *mit den Jahren* finden Unterschiede und Kontraste auch einen Weg in das Privatleben der beiden.

Jette ist Single, einsam und steht auf Frauen - eigentlich. Denn als sie Lukas immer wieder in der gemeinsamen Stammkneipe über den Weg läuft, kommt sie ihm bald näher als erwartet.

Alle drei sind irgendwie unzufrieden mit der aktuellen Situation und begeben sich auf dünnes Eis, bis der Zufall oder das Schicksal (wer weiß das schon so genau) ihr Leben komplett durcheinander bringt.

❤️🩵🧡

Wie gelingt es, sich als Paar nach 20 Jahren Beziehung und zwei gemeinsamen Kindern noch so zu lieben und zu schätzen, wie am ersten Tag? Warum schauen sich Menschen immer nach etwas Besserem um? Woher kommt die Frage an sich selbst, wie ein alternatives Leben ausgesehen hätte? Will man das, wonach man sich sehnt, immer noch genauso sehr, wenn man es schließlich bekommt?

Ich habe diese Fragen geliebt, die Janna Steenfatt während des gesamten Romans immer wieder einfließen lässt. Eva, Lukas und Jette stoßen auf diese Fragen und müssen Antworten finden und irgendwie stellen wir uns doch alle im Laufe unseres Lebens hin und wieder ähnliche Fragen.

Von außen betrachtet war für mich alles ganz klar. Ist es dann im eigenen Leben nicht auch? Die Autorin schafft es mit einer angenehmen und lebensnahen Sprache, die tiefen inneren Zerwürfnisse der drei Figuren aufzuzeigen. Das Seelenleben lag so offen dar, dass wir es als Lesende förmlich greifen konnten - das Verlangen, die Hintergründe, die Träume und Ängste.

Die ganze Zeit hatte ich das Gefühl, dass die beiden eigentlich so wunderbar zusammen passen, gerade wegen der Kontraste. Und schließlich ist es Jette, die die besten Seiten von Eva und Lukas wieder zurück ans Licht holt, sodass sie einander endlich wieder sehen können. Sehen im Sinne von fühlen, wahrnehmen, anerkennen, wertschätzen.

Es passiert ansonsten nicht wahnsinnig viel auf den 352 Seiten, aber es war genau meins. So viele Emotionen, so viel Sehnsucht und Schmerz - so viel reflektieren, überdenken, resignieren und neu beginnen. Große Empfehlung für alle, die das Ergründen lieben!

4,5/5 ⭐️