Aufrüttelnd und (leider) aktuell

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Rezension zu „Mit der Faust in die Welt schlagen“ von Lukas Rietzschel
Lukas Rietzschel schreibt aus der Sicht der Brüder Tobias und Philipp, die in einem kleinen Dorf in Sachsen aufwachsen. Ihre Kindheit und Jugend wird beeindruckend geschildert und durch die Sichtweise authentisch. Zu Beginn erfährt der Leser die Geschehnisse aus kindlicher Perspektive, später aus der von Jugendlichen. Der Stil ist interessant. Zu Beginn muss man sich reinfinden, dann aber passt er toll zum Inhalt. Schlicht, klar und doch eindrucksvoll unterstreicht der Stil die karge Landschaft, die schlechte soziale Situation und die Perspektivlosigkeit, denen sich viele Menschen in der Geschichte ausgesetzt fühlen.
Die Brüder sind das Zentrum der Geschichte. Obwohl am selben Ort aufgewachsen, ist ihre Wahrnehmung zeitweise ähnlich und dann doch wieder unterschiedlich. Die Spannung wird dadurch gehalten. Man hofft mit den Protagonisten und wünscht ihnen Einsicht.
Während die Geschichte auf den ersten Seiten nur langsam in Fahrt kommt, werden später all die Probleme deutlich, was dem Buch guttut. Man möchte die ein oder andere Figur schütteln und wachrütteln, es wird aber auch deutlich, wie tiefgreifend die Probleme sind, sodass die Figuren in einigen Punkten machtlos sind.
Die Ignoranz der Erwachsenen ist erschreckend, wie auch viele weitere Situationen in dem Buch. Lukas Rietzschel schafft es den Leser zum Nachdenken anzuregen – über rechte Bewegungen, über Nazis, über die Beweggründe, die Jugendliche und Erwachsenen dazu bringen sich diesen Gruppen anzuschließen, darüber, wo das Nazi-Sein beginnt und was man dagegen macht. Ignorieren? –Keine gute Idee. Einschreiten? –Gefährlich. Dies alles geschieht, ohne dass der Autor selbst Bewertungen vornimmt. Der wachsame Leser aber erkennt die Probleme und wird sich automatisch inmitten vieler Fragen wiederfinden.
Meine Empfehlung: Lest dieses Buch! Es ist aktuell und wichtig und wir sollten viel häufiger darüber nachdenken, was genau gerade in unserer Gesellschaft passiert, in der Hetze, Hass und Gewalt zunehmen.