Großer Hass im kleinen Ort

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mazapán Avatar

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"Sie halten einen wichtigen Roman in der Hand", sagte Lukas Rietzschels Verleger über das Erstlingswerk "Mit der Faust in die Welt schlagen" des 24-jährigen Autors.
Warum ist dieses Buch so wichtig? Allein die Beschreibung liefert eine erste Antwort: Es behandelt ein brandaktuelles Thema und könnte vielleicht Erklärungen dazu liefern.

Lukas Rietzschels Roman erschien im September 2018, im richtigen Moment. In dem Moment, in dem Chemnitz für internationale Schlagzeilen sorgte.

Wie seine Protagonisten stammt Lukas Rietzschel aus Ostsachsen, aus der Oberlausitz. Und wie seine Protagonisten ist er Mitte der 90er Jahre dort geboren und aufgewachsen. In seinem Buch erzählt er über eben diese zwei Protagonisten. Er erzählt über deren Familie, über die Schule, über die Umgebung, in der sie leben. Sie sind Brüder, und wie fast alle Geschwister sind sie auch unterschiedlich und haben auch unterschiedliche Interessen. Leider gehört während der Adoleszenz Rechtsextremismus zu diesen Interessen.

Warum rutschen die Brüder in die Rechtsszene? Was geht in ihren Köpfen vor? Das sagt uns Lukas Rietzschel niemals explizit, er geht davon aus, dass seine Leser in der Lage sind, seinen Text zu interpretieren. Und auf die Realität zu übertragen. Lukas Rietzschel erzählt und beschreibt. Der Leser muss seine eigenen Schlüsse ziehen.
Philipp und Tobias, das sind die zwei Brüder, verbringen ihr ganzes Leben in einem Ort mit 500 Einwohnern, in dem die Sorben - bundesweit eine absolute Minderheit - die große Mehrheit der Bevölkerung verkörpert, und in dem die Wirtschaft nach dem Mauerfall zum Erliegen kam und sich bis in die Gegenwart nicht mehr erholen konnte. Diese Situation frustriert, und das macht sich in allen Aspekten des Lebens - privaten und beruflichen - bemerkbar.

In diesem kleinen Ort spielt der ganze Roman, in diesem kleinen Ort entwickelt sich ein großer Hass in der Seele der Brüder. Da bleibt wahrscheinlich nichts anderes übrig, als mit der Faust in die Welt zu schlagen.