Mit der Faust in die Welt schlagen

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canyouseeme Avatar

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Philipp und Tobias wachsen in der Provinz Sachsens auf. Im Sommer flirrt hier die Luft über den Betonplatten, im Winter bricht der Frost die Straßen auf. Der Hausbau der Eltern scheint der Aufbruch in ein neues Leben zu sein. Doch hinter den Bäumen liegen vergessen die industriellen Hinterlassenschaften der DDR, schimmert die Oberfläche der Tagebauseen, hinter der Gleichförmigkeit des Alltags schwelt die Angst vor dem Verlust der Heimat. Die Perspektivlosigkeit wird für Philipp und Tobias immer bedrohlicher. Als es zu Aufmärschen in Dresden kommt und auch ihr Heimatort Flüchtlinge aufnehmen soll, eskaliert die Situation. Während sich der eine Bruder in sich selbst zurückzieht, sucht der andere ein Ventil für seine Wut. Und findet es.

Sprachlich konnte mich dieser Roman gleich von der ersten Seite ab begeistern. Der Schreibstil ist eindringlich und direkt, konnte mich trotz seiner Knappheit gut in das Geschehen hineinversetzen.
Die beiden Brüder waren durch den Erzählstil gleichzeitig nah und doch seltsam distanziert, was gerade beim Fortschreiten der Handlung Spannung aufbauen konnte.
Zum Inhalt bin ich eher zwiegespalten, ich habe wahrscheinlich mehr erhofft. Ich empfinde die Perspektive als sehr nüchtern, was der Story einen extrem interessanten Standpunkt verschafft. Ich hatte irgendwie das Gefühl, dass einige Zusammenhänge, und v.a. die Radikalisierung (bzw. die Schritte dazu) in zu weiten Sprüngen erzählt wurden. So habe ich für mich den fortschreitenden Prozess gar nicht richtig wahrnehmen können,sondern habe mich am Ende des Buches gefragt, warum genau es denn nun dazu kam...
Insgesamt hat mir das Buch gut gefallen, ich fand es eindringlich und packend. Dennoch konnte es dem Hype in meinen Augen nicht gerecht werden.