Schonungslos

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claudiaschneider Avatar

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Der Roman von Lukas Rietzschel mit dem Titel "Mit der Faust in die Welt schlagen" ist eine Chronik des Zusammenbruchs. Eine hochaktuelle literarische Auseinandersetzung mit unserem zerissenen Land.


Im Jahr 2000 freuen sich Vater und Mutter mit ihren Söhnen Philipp und Tobias über den Neubau ihres Hauses in Neschwitz, einer Kleinstadt in Sachsen. Für sie ist es ein zunächst ein Neubeginn und Aufbruch in ein neues Leben. Doch die Zeit nach der Wende ist nicht einfach zu bewältigen. Es sind noch viele Hinterlassenschaften aus der Zeit der DDR vorhanden. Der Aufbuch in ein neues Leben ist beschwerlich. Der Roman endet im Jahr 2015 mit der Aufnahme vieler Flüchtlinge, auch in Sachsen. Man hat Angst davor und die Situation droht zu eskalieren. Jeder der beiden Brüder versucht auf seine Art mit der Situation umzugehen.

Das Buch gibt die Problematik unserer Zeit wieder und deshalb kann ich das Lesen dieses Buches nur empfehlen.

In der Familie von Philipp und Tobias ist keine Liebe zu spüren.
h die Zukunft mit ihren Wünschen und Plänen sieht anders aus als in ihren Vorstellungen. Großen Anteil daran hat das Weltgeschehen.

Die Geschichte ist in 3 Bücher eingeteilt. Das erste erzählt aus den Jahren 2000 bis 2004, das zweite aus 2004 bis 2006 und das dritte aus 2013 bis 2015.
Der Autor, selbst in Ostsachsen geboren, erzählt die Geschichte eher sachlich und unverschnörkelt, aber realitätsnah.
Wie leicht man auf eine Bahn gerät, auf der man gar nicht sein möchte, und Dinge – auch mit eigener Beteiligung – geschehen lässt, nur um dazuzugehören, ist einfach erschreckend, wird aber sehr glaubhaft vermittelt.
Philipp und Tobias leben in einer Familie, in der keine Liebe zu spüren ist. Der Vater lässt offen seinen Fremdenhass spüren. Tobias, der Jüngste, muss erfahren, dass seine selbstgemachten Geschenke nichts wert sind. Das lässt ihn so wütend werden, dass er sie nicht verschenkt, sondern mit den Füßen zertrampelt. Irgendwann gibt es keine Perspektiven mehr.
Der Bezug zum Weltgeschehen, besonders die Aufnahme vieler Flüchtlinge und das Zusammenleben mit ihnen, ist ein Problem vieler Menschen, nicht nur in Sachsen, sondern leider in unserem ganzen Land.
Am Ende des Romans angelangt und durch das Beispiel das Wissen zu haben, wie sich Hass aufbauen kann, verstehe ich, dass man manchmal am liebsten „Mit der Faust in die Welt schlagen“ möchte.
Doch Gewalt ist keine Option!
Die hochaktuelle Geschichte lässt mich nachdenklich zurück.
Sehr empfehlenswertes Buch!