Im Zug zwischen Zürich und Hamburg

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petris Avatar

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Auf einer langen Zugfahrt lässt Elisa ihr Leben Revue passieren. Das macht sie, indem sie sich gedanklich an ihre Lieblingsdichterin Mascha Kaléko wendet, deren Grab sie in Zürich besucht hatte und deren Gedichte sie durchs Leben begleitet haben. So steht auch zu Beginn eines jeden Kapitels ein Gedicht Kalekos, das das Thema vorgibt.
Dieser Aufbau und auch der Prolog, in dem die Autorin ein Liebeslied auf Buchhandlungen, Bücher und Poesie singt, hatten mich bei der Leseprobe sofort begeistert und Lust auf diesen Roman gemacht. Auch den Titel und das Cover fand ich sehr ansprechend.
So war ich anfangs auch sehr begeistert. Von der Erzählform, der Sprache, ich litt mit der Protagonistin mit, mochte ihren inneren, an die Dichterin gerichteten Monolog, in dem sie über das Leben Kalékos spricht und uns von ihrer eigenen, sehr schwierigen Kindheit und Jugend erzählt.
Doch ging der Reiz dann im Laufe der Geschichte verloren. Die Geschichte selbst hat man so oder so ähnlich schon oft gelesen (Lieblosigkeit der Mutter, Rebellion, Flucht ins Punkermilieu, Obdachlosigkeit, Suche nach Liebe, schlechte Erfahrungen mit Männern, einzige Konstante Bücher und das Lesen und dann die richtige, wirklich große Liebe). Die Erfahrungen wiederholen sich, es ist alles in sehr leichtem, flockigem Ton erzählt, bei dem nicht klar ist, ob er ironisch sein soll, relativierend oder ob es darum geht, die Schwere nicht an sich heranzulassen. Es geht um Selbstverletzung, Drogen, Traumen, … Ausgelassen wird ein wenig, wie es zur Rückkehr und Gesundung kam, dazu gibt es nur Andeutungen. Und die Glorifizierung der Liebe, bis zum Schluss, das Motiv der Rettung durch die wahre, gesunde, große Liebe, auch das konnte mich nicht ganz überzeugen.
Ich mochte den Aufbau sehr, die Gedichte am Anfang der Kapitel, auch wie über Maschas Leben und Wirken gesprochen wurde. Elisas Leben blieb mir etwas zu flach. Und hatte zwischendurch Längen.
Schönes Buch, interessanter Aufbau, großteils sehr gelungene Sprache. Elisa und ihre Geschichte hätte aber mehr Tiefe verdient.