Kein gewöhnlicher Thriller

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sahra Avatar

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„Mit kaltem Kalkül“ ist Band 2 der Thriller-Reihe um Rechtsmedizinerin Dr. Sabine Yao. Am Rande wird auf Band 1 verwiesen, aber der Thriller spielt 8 Monate später und ist in sich abgeschlossen. Der Roman ist in viele sehr kurze Kapitel aufgeteilt, was mir sehr gut gefällt, weil hier eine beinahe filmische Szenenschnitttechnik angewendet wird, die eine besondere Dynamik schafft und den Leser in den Bann zieht. In der einen Minute begleitet man Rechtsmedizinerin Sabine Yao in den Obduktionssaal, wenige Minuten drauf liegt der Fokus auf dem Ex-Geheimdienstler Khalaf, der in einer heruntergekommenen Berliner Siedlung nach einem vermissten Achtjährigen sucht. Die Handlung beginnt mit vielen einzelnen Strängen, deren Verknüpfungen sich nach und nach ergeben. Hierbei ist es ebenso spannend, den pathologischen Ausführungen zu folgen, die Puzzlestück um Puzzlestück zu den Ermittlungen beitragen, wie den Überlegungen und Strategien des Ex-Geheimdienstlers Khalaf. Dabei ist der Thriller fordernd. Die Kindesentführung und der Umgang des Entführers mit dem Jungen ist teilweise nur schwer aushaltbar. Zudem beschreibt der Autor Michael Tsokos, selbst Professor für Rechtsmedizin, die Maßnahmen, die an den teils sehr entstellten Leichen in der Rechtsmedizin vorgenommen werden, sehr plastisch und mit allen Sinnen. Die gewonnenen Erkenntnisse erläutert die Rechtsmedizinerin der jungen Praktikantin, Kommissaranwärterin Kira Kaplan – diese Passagen fand ich als Medizinunkundige besonders interessant. Zu den Charakteren: Es ist spannend, den Figuren beim Agieren zu folgen. Neben der Rechtsmedizinerin Sabine Yao ist dies die temperamentvolle BKA-Ermittlerin Monica Monti und der Jordanier Khalaf. Daneben tauchen aber noch zahlreiche weitere Zeugen und Ermittelnde auf, die ebenso im Gedächtnis bleiben. Die Figuren sind alle mehrdimensional und verfügen auch über private Momente. Das verschafft einem eine Atempause, das sorgt für Normalität abseits der Abgründe der Kriminalität. Ungewöhnlich auch das Cover: Der Prägedruck schafft eine besondere Haptik und im Inneren des Einbands erwartet die Lesenden ein in Teilen coloriertes Bild des Autors am Seziertisch.