Menschliche Abgründe tun sich auf

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Zum nunmehr dritten Mal bekomme ich Einblicke in die Arbeit der Rechtsmedizinerin Dr. Sabine Yao. Sie hat viel zu tun, da kommt ihr überschaubares Privatleben wieder mal zu kurz, ihre Schwester Mailin und ihre Zwillinge werden wohl noch ne Weile warten müssen.

Diesmal erweitert sich der Blick hin zu einem Pferderipper, der auf dem Reiterhof Lindenhain sein Unwesen treibt. Schon drei dieser edlen Tiere hat er auf dem Gewissen und wie es den Anschein hat, wird das abscheuliche Gemetzel weitergehen. Es gibt sie gar nicht so selten, diese Pferderipper, wir lesen öfter über ihre Untaten. In der „Soko Ross“ arbeitet Yao mit dem Profiler Hasanović zusammen, sie schaut den Veterinärpathologen über die Schultern, ihre Arbeitsweise unterscheidet sich schon aufgrund der Größe der Tiere von ihrer.

Zunächst sind es andere, sehr ungewöhnliche Todesfälle, mit denen Yao zu tun hat. Bald aber ist sie mit einer Leichenzerstückelung vollauf beschäftigt und auch ihre Einbindung in die Soko Ross fordert sie. Im Spandauer Forst wird ein menschlicher Fuß gefunden. Eine Einsatzhundertschaft der Bereitschaftspolizei durchkämmt den Forst, mehrere Leichenteile werden gefunden, die vierte Mordkommission unter Leitung von Monica Monti ermittelt. Zwischendurch folgen wir einem online-süchtigen Mann in seine krude Fantasiewelt, die sich in seiner Wohnung in Berlin-Pankow abspielt. Ich ahne, wohin dieser Erzählstrang, der sich mit etlichen anderen abwechselt, führen wird.

Es ist mein mittlerweile dritter Rechtsmedizin-Thriller, der ähnlich konzipiert ist wie schon die beiden Vorgängerbände „Mit kalter Präzision“ und „Mit kaltem Kalkül“. Mit viel Fachwissen, das Prof. Dr. Michael Tsokos als Rechtsmediziner zweifelsfrei hat, bereichert er „Mit kalter Hand“ auch die neuesten Fälle für Dr. Sabine Yao. Aber doch ist es zu viel an Wissen, das sich für mich als Laien auf dem Gebiet etwas spröde liest. Dies ist jedoch jammern auf hohem Niveau, denn die Spannung, die durch diese Einschübe etwas gelitten hat, kommt schnell zurück. Durch die präzisen Zeit- und Ortsangaben, welche die kurzen Kapitel einleiten, behält man stets den Überblick, die gut beschriebenen Charaktere, allen voran Yao, die mir seit Buch eins sehr vertraut ist, sind gefühlt direkt aus dem Leben gegriffen. Als unsichtbarer Beobachter neben Yaos Seziertisch kämpfe ich mit den diversen, ziemlich unangenehmen Gerüchen und auch mein Magen rebelliert so dann und wann. Diesen Beschreibungen kann ich mich trotz allem nicht entziehen.

Ja, Tsokos transportiert nicht nur diese Gefühle aufs Anschaulichste wider, er weiß, wovon er schreibt. Er gibt einen realistischen Einblick in den Alltag einer Rechtsmedizinerin und ihrem polizeilichen Umfeld. Interessant, fesselnd, zuweilen ganz schön nervenaufreibend und nicht immer leicht zu ertragen, auf jeden Fall aber lesenswert.