Pferderipper und grausige Funde

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Auch dieser 3. Band der Sabine Yao-Reihe befasst sich wieder mit einer fiktionalen Erzählung von echten Kriminalfällen, die sich so oder so ähnlich ereignet haben. Dieses Mal sind die Kenntnisse und Expertisen der stellvertretenden Leiterin der Berliner BKA-Einheit »Extremdelikte« doppelt gefragt.

Im ersten Fall sucht das LKA Berlin fieberhaft den Pferderipper von Lübars (Ortsteil des Bezirks Berlin-Reinickendorf). Er hat vier Pferde zum Teil so schwer verletzt und verstümmelt, dass man sie einschläfern muss.

Die Art und Weise der Tötung der Tiere macht es wahrscheinlich, dass der Täter irgendwann seine Projektionsfläche von Tieren auf Menschen überträgt. Das ist in der wissenschaftlichen Literatur belegt. Hier sei aus der Praxis an den deutschen Serienmörder Frank Gust erinnert. Hunderten von Tieren hat er sexuelle Gewalt angetan und sie getötet, bevor der sogenannte Rhein-Ruhr-Ripper zwischen 1994 und 1998 insgesamt vier Frauen ermordet und verstümmelt hat.

Im zweiten Fall entdeckt der Hund einer Spaziergängerin beim morgendlichen Auslauf im Spandauer Forst einen abgetrennten Fuß in einer Plastiktüte. Sowohl die Rechtsmedizinerin Dr. Sabine Yao als auch die Leiterin der vierten Berliner Mordkommission Monica Monti sind überzeugt, dass bei genauerem Suchen noch weitere Funde zu erwarten sind.

Eine Hundertschaft der Polizei durchkämmt daraufhin das Gebiet weiträumig, wobei mehr und mehr Leichenteile eines getöteten Menschen gefunden werden. Die meisten Teile sind schon stark skelettiert bis auf den Torso, der tief vergraben war. Nachdem die Meldung über den grausigen Fund auf mehreren Berliner Online-Portalen erschienen ist und der Täter sie liest, ist er verwundert darüber, dass man die Leichenteile so schnell und überhaupt gefunden hat.

Obwohl der erste Fall nicht zum Fachgebiet von Yao gehört, bittet Kriminalhauptkommissar Milan Hasanovic, Leiter der operativen Fallanalyse (OFA) beim Berliner LKA sie, bei einer eigens dafür eingerichteten SOKO ihre Expertisen zur Rechtsmedizin mit einfließen zu lassen.

Unbeachtet von seiner Außenwelt lebt in einer Ein-Raum-Wohnung in Berlin-Pankow ein Mann, der seine abartigen Fantasien in Dating-Portalen und im Darknet auslebt, bis ihm dies keine Befriedigung mehr bringt. Er möchte von der virtuellen in die reale Welt übergehen.

In den Erzählungen in Form eines whodunit erfahren wir immer mehr über diese Person, je näher wir dem Ende kommen. Der Mann hat ein verkorkstes Leben ohne Halt und eine kranke Psyche. Schlussendlich kommt es zu einem Polizeieinsatz kommt, der völlig aus dem Ruder läuft.

Alle Charaktere sind mit ihren Stärken und Schwächen beschrieben, sodass man sich ein Bild von ihnen machen kann, wobei der Schwerpunkt auf der Rechtsmedizinerin Dr. Sabine Yao liegt. Dass Yao bei den beiden Fällen an ihre körperlichen Grenzen stößt, kommt gut zum Ausdruck.

Manche Beschreibungen sind grausam und brutal. Sie wirken sehr realitätsnah. Das bezieht sich sowohl auf die Obduktionen im Sektionssaal als auch auf die Beschreibung der Tötung und Zerteilung eines Menschen. Das komplette Setting kann man als plausibel bezeichnen.

Fazit

Wie schon beim vorherigen Band »Mit kalter Präzision« fällt auf, dass bei dem Plot sehr viele Sequenzen dem Thema Rechtsmedizin gewidmet sind. Diese geben einen realistischen und informativen Einblick in den Beruf eines Rechtsmediziners.
Werden Fachbegriffe mit einbezogen wie bspw. »Asphyxie« oder »Exazerbation«, so werden sie dem Laien vom Autor verständlich erklärt. Trotz der Überladung mit Fachtermini ist der Schreibstil flüssig. Die Kapitel sind kurz und springen zwischen den Handlungssträngen hin und her. Sie enden mit Cliffhangern, was die Spannung beim Lesen hochhält.
Die fiktionale Handlung zu den hier geschilderten Fällen bekommt zu wenig Spielraum. Sich aufbauende Spannungsspitzen flauen somit immer wieder ab. Erst zum Ende hin entwickelt sich eine Art Sogwirkung.
Das Buch empfiehlt sich denen, die den Stil einer sachbuchähnlichen Darstellung gepaart mit fiktionalen Thrillersequenzen mögen.