Viele Details und Informationen, aber wenig Spannung

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justm. Avatar

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Dr. Sabine Yao, ihres Zeichen Rechtsmedizinerin, ist die Protagonistin der neuen Reihe von Autor Michael Tsokos. Seines Zeichens ebenfalls Rechtsmediziner und mehr oder weniger bekannt durch alle möglichen Medien. Ob man will oder nicht, an ihm ist kaum ein Vorbeikommen.

Und grundsätzlich finde ich das auch ok, denn die Rechtsmedizin wird, trotz ihres ungemein wichtigen Stellenwertes, doch immer noch etwas stiefmütterlich behandelt. Damit sollte hier vermutlich ein wenig Abhilfe geschaffen werden.

Nur leider, leider liest sich der Reihenauftakt „Mit kalter Präzision“ ähnlich trocken, staubig und distanziert, wie ich mir einen Autopsiebericht vorstelle.
Das liegt nicht nur am Fach-Kauderwelsch mit dem hier regelrecht um sich geworfen wird. Nein, es ist tatsächlich Tsokos' Schreibstil, der all das, sicher wissenschaftlich fundierte, aber eben für den Laien doch in der Detailverliebtheit eher Uninteressante, nicht „abfedern“ kann, sondern die komplette Geschichte im gleichen nüchternen und neutral-sachlichem Ton weitererzählt und sich dabei, nicht nur in Sachen Medizin oder dem Aufbau des Berliner Polizei- und Justizapparats, ein ums andere Mal in viel zu vielen Details verliert.

Damit machte er es mir nicht nur schwer überhaupt ins Buch hineinzukommen.
Nein, denn selbst als sich langsam halbwegs eine Gewöhnung bezüglich der Erzählweise einstellte, kam dennoch kein Gefallen bei mir auf.
Yao war dazu auch einfach nicht greifbar genug. Es wird schnell klar, daß sie fachlich auf der Höhe ist, aber wenn man sich dazu entscheidet seine Hauptfigur nur auf diese Art und Weise glänzen zu lassen, fehlte – zumindest mir – irgendwie eine Art Ausgleich in der Geschichte. Die Handlung rund um die kranke Schwester war mir dazu letztlich zu „aufgesetzt“.

Dazu kommt, daß sich Yaos Verhalten zum Ende des Buches hin nicht mehr erklären läßt. Das war nicht nur unprofessionell, das war auch dumm.

Ein anderes Manko: Mir ist über die ganze Zeit des Buches unklar gewesen, wann es eigentlich spielen soll. Tsokos gab zwar vor jedem der Kapitel ein Datum inklusive Uhrzeit und Ortsangabe an, aber Jahreszahlen spielten keine Rolle. Ein Blick in den Kalender zeigte, daß 2018 von Tages- und Datenangaben gepaßt hätte, aber das hätte mit bestimmten Informationen im Buch bezüglich des Lebenslaufes einer Person, nicht übereingestimmt. Also spielt das Buch scheinbar im fernen 2029. Merkwürdig.
Aber es sind solche Kleinigkeiten, ähnlich wie zwei unterschiedliche Krankenhaus-Namen, bei denen mir sich nicht erschloß, ob das eine Art Insider-Spaß sein sollte, oder ob hier einfach nachlässig lektoriert wurde, die mich tatsächlich stören.

Und damit habe ich noch nicht einmal begonnen etwas zum fehlenden Spannungsbogen zu erzählen. Belassen wir es bei: dieses Buch ist definitiv kein Thriller.

Fazit: Ein interessanter Ansatz, aber leider viel zu fade und ohne große Spannung umgesetzt.