Die Segel neu gesetzt
"Aufs Wasser blicken vertreibt den Kummer und heilt allen Herzschmerz, heißt es." (S. 24)
Grace Kielty ist rau und scharfkantig wie ihre Umgebung. Für die verweichlichten Städter, die es in den kleine Küstenort Ballybrady verschlägt, hat sie nichts als Verachtung übrig. Und trotzdem nimmt sie sie in Kauf, denn die Touristen spielen etwas Geld in ihre Kasse. So auch der aktuelle Mieter ihres Cottages: Evan. Seine Frau hat ihn um Abstand gebeten. Sie stehen nach dem tragischen Verlust ihrer Tochter am Rande einer tiefen Beziehungskluft. Und so sucht Evan in der Abgeschiedenheit der irischen Küste nach klaren Gedanken. Es sind die Tage, in denen sich eine Pandemie breitmacht. Erste Vorsichtsmaßnahme münden in einen Lockdown, der Evan ein längeres Bleiberecht im Cottage beschert. Während er sich allmählich der Entschleunigung hingibt, strampelt seine Frau sich zu Hause mit Job, Haushalt und dem 8-jährigen Sohn ab. Bis sie die Segel streicht und den Jungen kurzerhand zu seinem Vater ins Cottage bringt. Der gehörlose, sonst so schwierige Luca blüht in der neuen Umgebung schlagartig auf. Die neue Situation lässt nach und nach die Schalen aller knacken und gibt tiefe Sehnsüchte Preis.
"Aus all dem Alten, Schmerzhaften etwas Neues schaffen, das war die beste Form von Alchemie." (S. 319)
Ich hätte lieber in einem Cottage an der rauen See gesessen, als in einem lauwarmen deutschen Sommer. Aber die Stimmung des Buches ist dennoch in mir aufgegangen. Es ist ein warmherziger, atmosphärischer Roman, der von Einbahnstraßen, Wendepunkten und Neuanfängen erzählt. Allerdings bleibt mir ein Rätsel, warum Menschen das Bedürfnis haben, die Pandemie in Romanform festzuhalten. Klar, das war die Welt im Ausnahmezustand und das auf einen Mikrokosmos runterzubrechen, mag metaphorischen Charakter haben. Ich hätte es nicht gebraucht und die Geschichte meines Erachtens auch nicht. Sich wieder aufs Wesentliche besinnen, um das Glück zu finden. Für diese Botschaft hätte der Blick aufs Meer genügt. Mich hat der Nebendarsteller COVID genervt.
Aus dem Englischen von Andrea O'Brien
Grace Kielty ist rau und scharfkantig wie ihre Umgebung. Für die verweichlichten Städter, die es in den kleine Küstenort Ballybrady verschlägt, hat sie nichts als Verachtung übrig. Und trotzdem nimmt sie sie in Kauf, denn die Touristen spielen etwas Geld in ihre Kasse. So auch der aktuelle Mieter ihres Cottages: Evan. Seine Frau hat ihn um Abstand gebeten. Sie stehen nach dem tragischen Verlust ihrer Tochter am Rande einer tiefen Beziehungskluft. Und so sucht Evan in der Abgeschiedenheit der irischen Küste nach klaren Gedanken. Es sind die Tage, in denen sich eine Pandemie breitmacht. Erste Vorsichtsmaßnahme münden in einen Lockdown, der Evan ein längeres Bleiberecht im Cottage beschert. Während er sich allmählich der Entschleunigung hingibt, strampelt seine Frau sich zu Hause mit Job, Haushalt und dem 8-jährigen Sohn ab. Bis sie die Segel streicht und den Jungen kurzerhand zu seinem Vater ins Cottage bringt. Der gehörlose, sonst so schwierige Luca blüht in der neuen Umgebung schlagartig auf. Die neue Situation lässt nach und nach die Schalen aller knacken und gibt tiefe Sehnsüchte Preis.
"Aus all dem Alten, Schmerzhaften etwas Neues schaffen, das war die beste Form von Alchemie." (S. 319)
Ich hätte lieber in einem Cottage an der rauen See gesessen, als in einem lauwarmen deutschen Sommer. Aber die Stimmung des Buches ist dennoch in mir aufgegangen. Es ist ein warmherziger, atmosphärischer Roman, der von Einbahnstraßen, Wendepunkten und Neuanfängen erzählt. Allerdings bleibt mir ein Rätsel, warum Menschen das Bedürfnis haben, die Pandemie in Romanform festzuhalten. Klar, das war die Welt im Ausnahmezustand und das auf einen Mikrokosmos runterzubrechen, mag metaphorischen Charakter haben. Ich hätte es nicht gebraucht und die Geschichte meines Erachtens auch nicht. Sich wieder aufs Wesentliche besinnen, um das Glück zu finden. Für diese Botschaft hätte der Blick aufs Meer genügt. Mich hat der Nebendarsteller COVID genervt.
Aus dem Englischen von Andrea O'Brien