Magie und Spannung in London

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„Mitternachtsstunde: Emily und die geheime Nachtpost“ von Benjamin Read und mit Illustrationen von Laura Trinder ist der erste Band einer Fantasy-Serie. Als meine Kinder und ich das Cover sahen und den Klappentext lasen, war sofort klar, dass wir das Buch lesen müssen. Das Cover ist toll gestaltet mit Emily und Igel Hoggins mittig im Vordergrund in den Straßen Londons und dahinter Big Ben. Um sie herum fliegen Briefe, die vom Postboten im Himmel kommen. Dazu noch der Glow-in-the-Dark-Effekt und das Cover ist einmalig. Am Buchrücken und auf der Rückseite des Covers sind auch noch weitere Hinweise auf die Handlung versteckt. Alles wirkt sehr magisch, was sich auch in der graphischen Gestaltung der Kapitalüberschriften mit kleinen passenden Zeichnungen fortsetzt. Cover und Illustration bekommen von uns volle fünf Sterne, und wir würden auch mehr vergeben, wenn das möglich wäre.

Der Schreibstil liest sich angenehm und flüssig. Die Sprache gefällt uns sehr gut und ist für ein Kinder-/Jugendbuch angemessen. Die Handlung ist magisch und spannend. Manches Mal bin ich mir bei der Altersempfehlung nicht sicher. Jedoch kommt es stark auf den jeweiligen Leser an. Grundsätzlich passt zehn Jahre, bei eher sensiblen Kindern vielleicht auch erst ab zwölf. Grundsätzlich sind wir von der Handlung begeistert. Wir alle drei lieben Bücher, die in London spielen. Die Geschichte schafft eine tolle Verbindung zwischen dem heutigen und dem viktorianischen London. Die Idee, wie das zustande kommt gefällt uns sehr gut. Dazu gehört auch, dass tatsächliche Orte wie Big Ben und das British Museum in der Geschichte eine Rolle spielen wie auch auf Straßennahmen etc. Bezug genommen wird. Andere Ideen sind eventuell von anderen magischen Fantasyreihen inspiriert. Meine Tochter hat die betreffende Reihe gelesen, mein Sohn nicht. Da hätten wir uns mehr eigenen Einfallsreichtum gewünscht, den es ja auch gab. So wie z.B. die Erklärung mit dem Regenschirm und für wen das funktioniert und für wen nicht. Das war ein außergewöhnliches Detail. Der Bösewicht und wie er seine Macht behält war aber eher wenig überraschend. Da hätte uns ein neuartiger Einfall mehr überzeugt.

Mit der Protagonistin wurden wir leider nicht warm. Das ist jedoch für ein Kinder- und Jugendbuch essentiell. Die Geschichte ist wirklich spannend und magisch und sehr lesenswert. Daher waren wir erst unschlüssig, warum wir nicht restlos begeistert sind. An den Entlehnungen lag es nicht, die bemerkte mein Sohn z. B. gar nicht. Das Problem ist Emily. Sie war nicht völlig unsympathisch, doch fieberten wir nicht mit ihr mit. Ja, wir wollten wissen, was hinter dem Verschwinden von Emilys Eltern steckt und wie sich alles auflöst. Es ging uns aber dabei nicht um Emily. Wir können uns nicht mit ihr identifizieren. Es ist uns oft unklar, wieso sie so vorlaut, respektlos und laut reagiert. Sie ist auch mutig, aber das könnte sie auch mit einer etwas liebenswerteren Persönlichkeit sein. Ihr Begleiter Igel Hoggins ist ein putziger und etwas anderer Sidekick. Schade, dass ihm bisher keine wirkliche Rolle in der Geschichte zukommt. Positiv ist hervorzuheben, dass ausnahmslos alle Charaktere einzigartig, liebevoll, detailreich und einfach großartig ausgelegt und beschrieben sind. Jeder, den man näher kennenlernt ist absolut vielschichtig und entwickelt sich im Laufe der Handlung (zumindest für den Leser und die Protagonistin Emily).

Auch wenn es sich vielleicht nicht so liest, ist „Mitternachtsstunde: Emily und die geheime Nachtpost“ ein durchaus lesenswertes Buch mit vielen liebenswerten Details. Daher vergeben wir auch vier Sterne. Bei der Frage, ob wir weitere Bände der Reihe lesen werden, sind wir noch unschlüssig. Sicher, es sind noch viele Fragen offen, vor allem auch bezüglich der Familie von Emilys Mutter, und einige Figuren haben Potential für verschiedene Handlungsstränge. Allerdings hört es sich für uns nach einem altbekannten Schema die Fortsetzungen betreffend an: Der Bösewicht ist erst mal besiegt, um dann im nächsten Band wird zurückzukommen …