Zu betulich

Voller Stern Voller Stern Leerer Stern Leerer Stern Leerer Stern
singstar72 Avatar

Von

Cosy Crime geht immer, denken viele Autoren. Auch Karla Letterman ist bei ihrem Erstlingswerk dieser Eingebung gefolgt, und hat im wahrsten Sinne des Wortes einen "Häkel-Krimi" verfasst. Nur, dass es - für mich zumindest - keiner ist.

Die Grundidee fand ich nett. Ein Krimi, der im Umfeld eines Handarbeitsladens spielt. Und auch noch mit einer männlichen Hauptfigur. Doch meines Erachtens krankt das Buch daran, dass die Einzelteile in diesem Buch nicht flüssig miteinander verbunden sind. Die Personen sind für mich allesamt seltsam, und der Krimi als solcher ist gar keiner - er wird nicht einmal schlüssig gelöst! Am ehesten nehme ich der Autorin noch ihre Begeisterung für Handarbeiten ab. Aber daraus allein lässt sich kein Buch stricken.

Da ist Henri, der ganz zu Beginn des Buches Witwer wird. Seine Frau Maike, der ein Handarbeitsladen gehört, hat einen tödlichen Unfall. Schon allein das kam mir seltsam emotionslos daher. Für die Schilderung des Unfalls, und der Vorgeschichte des Paares, verwendet die Autorin merkwürdig wenige Seiten. So als sei ihr die Schilderung des Unfalls lästig. Und auch Henri selbst fand ich durch und durch merkwürdig. Er soll, laut Angaben im Text, 35 Jahre alt sein. Doch wie er denkt, handelt, und spricht - sorry - das passt eher zu einem 55jährigen! Sein ganzes Gebaren ist sehr betulich, die Beschreibungen wirken antiquiert. Es ist mir ein Rätsel, wie die energische Maike ihn nur heiraten konnte...?

Dann sind da noch die Stammtischfreunde von Henri, die einen Nebenstrang der Handlung einnehmen. Sicher, die Schilderung des norddeutschen Ortes Bökersbrück ist nett gemeint, gerät aber in meinen Augen zur reinen Klischeekiste. Und wie die Herren am Stammtisch einander anreden, und miteinander umgehen - also nein - das wirkte so bemüht gemacht, da habe ich mich fremdgeschämt. Hippe Jugendsprache geht anders, Frau Letterman!

Die Verkäuferin im Laden, Edda, hat mir noch am ehesten gefallen. Liebenswert und zupackend. Doch musste man ihr auch noch ein unausgereiftes, verqueres Privatleben andichten? Spätestens hier fand ich die Handlung nur noch konfus.

Der Häkelclub kommt mir zu wenig vor. Wirklich geschildert wird nur eine einzige Sitzung mit Henri - alles andere wird im Vorbeigehen und in Rückblicken referiert. Henris Wende kam daher für mich auch unerwartet und wenig überzeugend rüber - dass er nun doch den Laden übernehmen will.

Und der Krimi, ach, der Krimi...! Ich habe ihn gesucht, aber leider nicht gefunden. Henri macht sich seine Gedanken, versucht sich halbherzig an Ermittlungen - die ihren Namen nun wirklich nicht verdienen! Am Ende sind es die Frauen des Häkelclubs, welche eine Wende einleiten. Aber ach, das Ende ist unspektakulär. Kein Showdown, kein Geständnis. Einfach nichts. Das ist für mich kein Krimi!

Das Buch hatte durchaus seine Momente, das will ich gerne zugestehen. Hier und da habe ich ob einer Formulierung geschmunzelt. Es blieb aber als Krimi insgesamt hinter seinen Ansprüchen deutlich zurück, und war für mich leider schlicht langweilig.