Zu viel Cosy, zu wenig Crime

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susireads Avatar

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“Häkel-Henri” hat es wahrlich nicht leicht, zum einen ärgern ihn seine “Stammtischbrüder”, zum anderen verliert er sein Frau und zu allem Überfluss verleiht ihm die Autorin Karla Letterman auch noch einen sehr seltsamen Charakter.
Man mag Henri - der schon sehr früh Witwer wird, was an sich auch der Auslöser für die Geschichte dieses Buches ist - oder man mag seine Art nicht. Er ist schwer zu beschreiben, einerseits hilflos und verloren, andererseits ein starker Mann, der weiß, was er will - aber das irgendwie ohne die Hilfe einer Frau nicht erreicht. Diese Frau ist unter anderem Edda, die Mitarbeiterin im Handarbeitsladen, den Henri von seiner Frau erbt. Sie hilft ihm beim Überleben und dem Laden, wobei Letzteres eher daran liegt, dass sie ihren Job nicht verlieren will - klassischer Eigennutz einer sehr sympathischen älteren Dame.

Titel und Untertitel lesen sich, als würde man in einen häkelischen Kriminalfall verwickelt werden, aber das ist nicht wirklich der Fall - also eigentlich schon; aber eben nicht wie man es sonst von Krimis gewöhnt ist: Tod/Mord, Spurensuche, Aufklärung, Abschluss - das gibts hier nicht, hier läuft man zwischen Luftmaschen und heruntergefallenen Maschen (Henri fragt sich ewig, woher er das Auto kennt, woher er den Namen kennt, woher er das Gesicht kennt…) einem Roman hinterher, in dem jemand starb und ein Witwer irgendwie die Abwicklung eines Ladens auf die Reihe bekommen muss, eine Mitarbeiterin ihren Job behalten möchte, ein Inhaber eines Szenelokals die Frau seines Lebens findet, ein Uhrmacher der Realität ins Auge blicken muss und ein Häkelclub einen Witwer unter seine Fittiche nimmt.

Cosy Crime - Ja, aber mir kam das “Crime” einfach zu kurz …
ich habe mich bis zur Mitte gefragt, war es Mord, wer war (wenn dann) der Mörder und wird es einen zweiten Teil geben. Später fragte ich mich zwar noch immer, ob es Mord war und wer denn der Mörder wirklich war - für mich ist es am Schuss noch immer nicht ganz ersichtlich. Die Geschichte selbst ist gut, die Charaktere sind nett, die Figuren sind unterhaltsam, aber aus einem “Ein Fall für Henri und den Häkelclub” hätte man wirklich mehr machen können - im optimalen Fall sogar eine tolle Anreihung kriminalistischer Häkelstücke, die immer wieder einen neuen Fall investigativ zwischen Strickmuster, Luftmaschen-Ketten und Dorftratsch von handarbeitstechnisch visierten, neugierigen und forschenden Damen und Herren gelöst worden wäre.