Aufgebauscht, aber immens spannend anhand wichtiger Themen

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marcello Avatar

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Alle zwei Jahre wieder liefert Nele Neuhaus verlässlich einen neuen Taunus-Krimi ab und „Monster“ ist nun schon das zehnte Buch der Reihe. Wenn ich bedenke, dass es eigentlich die einzige Krimireihe bis heute ist, die ich mittendrin für mich entdeckt habe, dann ist das schon beachtlich, weil ich es sonst echt hasse, wenn mir der größere Kontext fehlt. Aber hier war die Geschichte auch einfach zu spannend und es ist über all die Bände hinweg wirklich eine Familie aufgebaut worden und mir hat es als zentrales Thema dieses Buchs auch echt gut gefallen, wie das nochmal betont wurde.

Im zehnten Jubiläumsband, „In aller Freundschaft“, hatte ich als Kritikpunkt angebracht, dass die Fallgestaltung mir zu typisch Nele Neuhaus war. Oft ein kleiner Personenkreis, wo man dann eben weiß, irgendwie muss es einer von denen sein. Das ist in „Monster“ wieder ganz anders und das ist erstmal positiv, denn Neuhaus zieht diesmal zwei Fälle auf, der eine mit großer Reichweite, der andere eher ein klassischer Mordfall, die letztlich auch einen Zusammenhang finden. Das hat der Autorin viel Material geliefert, womit sie auch gute Arbeit geleistet hat. Dennoch konnte ich mich des Eindrucks nicht erwehren, dass der Handlungsverlauf sehr künstlich in die Länge gezogen wurde. Sowas würde mich normalerweise sehr stören, aber Neuhaus hat dann als Ausgleich geschafft, dass es am Ende so verwinkelt alles wirkte, dass es auch so spannend war, weil man nun überall die Antworten haben wollte, dass man einfach weiterlesen musste. Dennoch waren zwischendurch die kritischen Gedanken da und ich habe mich auch noch nicht richtig durchringen können, wie ich das abschließend bewerten soll. Es ist auf jeden Fall so, dass die Verzweigung der Fälle das Buch gut gemacht haben, aber teilweise hat sich alles mal mehr zur einen Seite verschoben, dann wieder zu anderen und wenn man wirklich drüber nachdenkt, dann spricht das nicht für die K11, denn manches Mal wurde Spuren so nachlässig nachgegangen, dass ich mich innerlich etwas gerauft habe. Das ist also der Schwachpunkt von „Monster“: es wirkt sehr groß, aber wenn man genauer hinsieht, dann wird die Arbeit nicht so professionell dargestellt.

Lassen wir das aber mal beiseite, so hatten beide Fälle etwas für sich. Der Mord an Larissa war eher so der Klassiker, aber er hat durch den anderen Fall eine Eigendynamik entwickelt, wodurch von den klassischen Spuren in so einem Fall abgelenkt wurde, so dass ich das Geschehen null durchsichtig fand. Ich war immer gespannt, wie vor allem Sara als beste Freundin die Spuren lenkt und ich bin da gedanklich immer mitgegangen. Der Personenkreis war für mich hier wirklich groß genug, ohne dass es aber wirklich konkret wurde und das hat es auf jeden Fall gefördert. Richtig gigantisch ist aber der andere Fall, zu dem ich gar nicht so viel sagen kann, weil es sonst alles vorweg nehmen würde. Aber hier sind einige Dinge involviert wurden, die ich richtig positiv fand. Zum einen hat Neuhaus auf eine wirklich lange Sicht geplant mit dieser Entwicklung. Das ist richtig genial, weil das beweist langen Atem und erlaubt dann tatsächlich auch richtig spektakuläre Entwicklungen. So brav es manches Mal bei der Autorin auch zugehen mag, immer mal wieder haut sie Dinge raus, wofür ich sie sehr bewundere und viele richtige aus dem Nichts kommende Momente in „Monster“ haben das für mich unterstrichen. Es war stellenweise schon wieder Thriller-würdig für mich.

Ein weiterer positiver Aspekt ist, dass das Geschehen vor wenigen Jahren spielt, aber die verwendete Thematik total aktuell ist. So geht es um Kriminalität bei Flüchtlingen, wozu Neuhaus am Ende auch einiges an Material zum Nachlesen anbietet, was auch positiv ist, weil sie sich wirklich da reingelesen hat und somit auch unterstreicht, ich schreibe nicht auf Basis von eigenen Vorurteilen, sondern ich habe mich wirklich auf einer wissenschaftlichen Grundlage reingearbeitet. Aber da erst in diesem Herbst heftig die Regulierung von Zuwanderung diskutiert wurde, könnte man echt meinen, dass viele Passagen aus dem Buch aus diesem Herbst stammen. Das ist auf jeden Fall ein Geschenk für „Monster“, denn es wirkt so brandaktuell. Dazu wurde das Thema Selbstjustiz gepaart. Auch extrem spannend und sicherlich auch irgendwo aktuell, weil sich immer mehr Leute bewaffnen (nicht nur Schusswaffen, sondern auch Messer, Pfefferspray etc.), um auf alles vorbereitet zu sein, aber wie weit geht dann die Selbstverteidigungen? Das sind alles spannende Fragen und auch hier wirft „Monster“ eine wichtige Perspektive drauf.

Die private Ebene ist da fast ein wenig ein Auf und Ab. Bodenstein ist diesmal vor allem auf der Grundlage eines zentralen Erlebnisses wichtig, womit das Thema PTBS in den Fokus genommen wird, nur etwas stiefmütterlich, gerade weil er schon mal größere Probleme deswegen hatte. Pia ist der eigentliche Fokus der Geschichte und bei ihr ging es um Beziehungsprobleme, die mich sehr an Bodenstein und entsprechende Bände erinnerte, aber dennoch wurde ein etwas anderer Fokus gefunden. Dennoch muss man hier vielleicht wirklich aufpassen, wie man alles darstellt, damit auch nicht das Privatleben zu wiederholend wirkt. Letztlich waren es aber vor allem die Ermittlungen, die groß im Fokus waren und die Kollegen waren so fast nur zusammen und angesichts einiger Ereignisse muss man wirklich sagen, dass sie zusammengewachsen sind. Es ist vielleicht keine Familie, aber es ist doch so viel Vertrauen da, dass man auch streiten und am Ende des Tages dennoch zusammen weitermacht.

Fazit: „Monster“ ist in meinen Augen einer der spektakuläreren Bände der Reihe, wenn auch die Verbindung zweier Fälle manches Mal etwas unprofessionell wirkte und das Geschehen sehr aufgebauscht hat. Mir war aber das Spannungselement, die spektakulären Entwicklungen und die gewählten Themen viel wichtiger, so dass ich insgesamt zufrieden bin.