Ein aktuelles Thema gut umgesetzt

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brigitta Avatar

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Was passiert:
Die 16 jährige Larissa kehrt von einem Besuch bei der besten Freundin nicht nach Hause zurück.
Eigentlich sollte sie bei der Freundin übernachten, aber brach den Besuch kurzfristig schon am Abend ab.
Am nächsten Morgen wird ihre Leiche im Schnee gefunden, erdrosselt und abgelegt.
Recht schnell gerät ein abgelehnter Asylbewerber unter Verdacht. Seine DNA wurde an Larissas Kleidung festgestellt, doch Larissa kannte ihn durch ihre ehrenamtliche Arbeit in der Asylbewerberunterkunft. Bevor er aber verhört werden kann verschwindet er.
Bevor die Ermittler allerdings so richtig tief in den Fall der toten Larissa eintauchen können, wird eine weitere Leiche gefunden. Ein Mann mit zerbissener Kehle wird auf eine Landstraße gefunden und noch ahnt niemand, dass dieser Tote das Tor zu ungeahnten Abgründen öffnet.


Fazit:
Ich habe schon lange keinen Krimi um Bodenstein und Kirchhoff (oder jetzt auch Pia Sander) gelesen und ich war ruckzuck in der Geschichte.
Das kann Nele Neuhaus richtig gut, den Leser sofort fesseln und förmlich in die Story saugen.
Bodenstein und Kirchhoff begegneten mir wie alte Freunde, die auf ihren gewohnten Plätzen sitzen und eine angenehme Vertrautheit ausstrahlen.
Der Fall selbst beginnt sehr emotional, der Mord an einem16 jährigen Mädchen lässt nicht kalt. Sehr schnell konzentrieren sich die Ermittlungen auf einen abgelehnten Asylbewerber und innerhalb dieser Ermittlung greift die Autorin allerlei Vorurteile und Phrasen auf, die im Zusammenhang mit Geflüchteten in der Gesellschaft kursieren.
Sie hat die Vorurteile durchaus richtig benannt und die Zusammenhänge, in denen die Vorurteile fast mantraartig heruntergebetet werden auch sehr gut herausgearbeitet, jedoch wurden sie für meinen Geschmack zu plakativ dargestellt.
Ich hätte es besser gefunden wenn bestimmte Vorurteile nicht in Gänze ausgesprochen und wiederholt würden.
Bei dem N-Wort ist klar, wir sprechen es nicht aus und wir schreiben es nicht. Auch wenn es der schriftstellerischen Entfaltung dienen würde, der demütigende Effekt wiegt schwerer. Ein ebensolches Verfahren in Bezug auf bestimmte Vorurteile, hätte ich mir in "Monster" auch gewünscht. Ja, es dient der Aufklärung und auch der Verdeutlichung wenn Menschen in wörtlicher Rede ihre Vorurteile herausposaunen. Ja, die Ambition der Autorin wird eindeutig aufgezeigt, wenn dem Vorurteil sofort widersprochen wird, aber trotzdem muss man meines Erachtens Vorurteile nicht wiederholen um sie darzustellen.
Es kann aber gut möglich sein, dass es nur mir aufgefallen ist, bzw nur ich so sensibel reagiere, ich arbeite in einem Bereich in dem tagtäglich gegen Diskrimierung gekämpft wird.
Ansonsten empfand ich die Stimmung in bestimmten Teilen der Gesellschaft und die Gefahr eines Ausuferns von Selbstjustiz sehr sehr gut beschrieben. Besonders hat mir gefallen, dass öffentlichkitswirksame Personen die Stimmung durch ihr Handeln zum Teil noch anheizten. Das passiert in der Realität ja auch, wird aber meist nicht direkt angesprochen.
Insgesamt hat sich Nele Neuhaus eines aktuellen Themas angenommen und es gut umgesetzt.
Der Kriminalfall an sich und der Spannungsbogen waren packend und haben mich bestens unterhalten. Krimis kann Nele Neuhaus :)