Ein bemerkenswertes Debüt aber schwere Kost

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Monstergott ist ein bemerkenswertes Debüt, das sprachliche Kraft mit atmosphärischer Dichte verbindet. Caroline Schmitt wagt es, die dunklen Seiten religiöser Prägung auszuloten – ohne Schwarz-Weiß-Malerei, sondern mit feinem Gespür für Ambivalenzen. Im Zentrum stehen Esther und ihr Bruder Ben, die in einer streng gläubigen Freikirche groß werden. Hinter der geordneten Fassade tun sich Risse auf: innere Kämpfe, unausgesprochene Zweifel, stille Verletzungen. Schmitt zeichnet dieses Spannungsfeld mit einem Ton, der ruhig und zugleich eindringlich wirkt. Viele Szenen entfalten ihre Wirkung gerade dadurch, dass sie nicht erklärt, sondern gezeigt werden – und so lange nachhallen. Besonders stark sind die Figuren. Esther emanzipiert sich glaubwürdig aus ihrer Rolle heraus, Bens Zerrissenheit ist schmerzhaft nachvollziehbar. Nichts wirkt idealisiert; vielmehr öffnet der Roman den Blick für komplexe, widersprüchliche Persönlichkeiten. Strukturell überzeugt der Text, auch wenn manche Rückblenden etwas mehr Orientierung bieten könnten. Stilistisch pendelt er zwischen poetischer Verdichtung und nüchterner Direktheit. Dieser Wechsel passt zum Thema, fordert aber auch die Lesenden heraus. Was Monstergott auszeichnet, ist seine Haltung: Der Roman spricht über Macht, Missbrauch und spirituelle Enge, ohne platt zu verurteilen. Er lässt Fragen zu, schafft Raum für Zweifel – und auch für leise Hoffnung. Wer sich auf dieses anspruchsvolle Thema einlässt, wird mit einem eindrucksvollen, wichtigen Text belohnt. Caroline Schmitt erweist sich dabei als literarische Stimme, auf die man gespannt sein darf.