Glaube, Identität und Selbstverwirklichung

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annnna97 Avatar

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In "Monstergott" geht es um die Geschwister Esther und Ben, die in einer strengen, konservativen Freikirche aufgewachsen sind und als junge Erwachsene nun aus unterschiedlichen Gründen mit den Regeln dieser Gemeinschaft ringen.
Esther hat vor allem Probleme mit dem sehr traditionellen Rollenbild der Frau in der Gemeinde und hätte gerne eine leitende Position. Ben währenddessen leidet unter einem Geheimnis, das er nicht einmal seiner Schwester anvertrauen kann, obwohl er ihr sehr nahesteht. Er versucht krampfhaft alles in seinem Leben nach Gottes Willen zu richten, aber kämpft mit Gefühlen, Bedürfnissen und seiner Sexualität, die seiner Meinung nach nicht mit seinem Glauben vereinbar sind.

Ein sehr interessantes und kritisches Buch über ein komplexes Thema, welches nicht Religion oder den Glauben an sich kritisiert, sondern die teilweise wirklich gefährlichen, extremen und sektenartigen Gemeinden, die es ja von jeder Religion und Glaubensrichtung gibt. Die Autorin schafft es die Komplexität dieses Themas wunderbar aufzuarbeiten. Sie zeigt wunderbar die schönen Seiten dieser Art von Gemeinden, so wie die enge Gemeinschaft, die Verbundenheit, die Jugendarbeit etc., die natürlich ihren Reiz für viele Leute haben. Gleichzeitig zeigt sie die Schattenseiten dieses dogmatischen Glaubens, wie die strengen und altmodischen Regeln und Rollenbilder und dass man sofort ausgestoßen werden kann, wenn man sich nicht in diesem Sinne verhält. Besonders gut wird die Scheinheiligkeit und Doppelmoral aufgezeigt.

Als jemand, der noch nie viel mit solchen Freikirchen zu tun hatte, hat mir dieses Buch sehr viele Sachen verständlich gemacht und in mir viel Empathie und Mitgefühl für Leute, die in so einer Gemeinschaft aufwachsen, erweckt. Außerdem sehr viel Respekt für den Mut und die Kraft aus solchen Gemeinschaften auszubrechen. Obwohl ich anders als die beiden aufgewachsen bin, konnte ich mich durch den Schreibstil und die Charakterisierung gut in Esther und Ben hineinversetzen.
Generell haben mir die Charaktere sehr gut gefallen, denn es gibt eigentlich niemand, der wirklich "böse" ist, sondern alle versuchen nur, ihren Glauben auszuleben, so wie sie es für richtig halten. Somit ist das Buch sehr realistisch und gibt die Komplexität des Themas wieder.

Dieser Roman hat mich sehr berührt und zum Nachdenken gebracht. Ich denke es ist eine sehr gute Auseinandersetzung mit dem Thema Glaube und Glaubensgemeinschaft und ich würde es sowohl Atheisten, als auch gläubigen Christen empfehlen. Es behandelt allerdings auch sehr schwere Themen und ist keine leichte Kost.