Göttlich absurd

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leylin Avatar

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Die Geschwister Esther und Ben leben in einer streng strukturierten Freikirche, deren Weltbild und Regeln ihr ganzes Leben bestimmen. An der Spitze steht ein Pastor, der nach außen hin cool und modern wirkt – mit Sneakern und einer Cap mit der Aufschrift „Ostersonntag Mindset“ –, während seine Frau die Predigthighlights auf Social Media teilt. Doch hinter dieser Fassade beginnt es zu bröckeln: Esther stößt zunehmend an die engen Grenzen der Gemeinde, während Ben von einem lange verdrängten Geheimnis eingeholt wird.

Caroline Schmitt hat mit Monstergott einen grandiosen Roman vorgelegt. Der Schreibstil ist flüssig und leicht zu lesen, das Cover greift die Thematik stimmig auf. Besonders beeindruckend ist, wie es der Autorin gelingt, durch detailreiche und teils dogmatisch geschilderte Szenen ein dauerhaftes Gefühl der Absurdität dieser Glaubensgemeinschaft zu erzeugen. So gibt es etwa die „Zweierschaft“, in der sich Gemeindemitglieder gegenseitig bestärken sollen, beim Verlangen nach pornographischen Inhalten den Browser sofort zu schließen. Auch das skurrile Dating-Traktat „Best of der christlichen Literatur zum Umgang mit ADAGs (Angehörigen des anderen Geschlechts)“ zeigt den ironisch-kritischen Blick, den Schmitt auf diese Welt richtet.
Zugleich behandelt der Roman ernste Themen wie Doppelmoral, Machtmissbrauch, Sexualität und Emanzipation im Glauben. Besonders stark ist, wie die unterschiedlichen Perspektiven von Esther und Ben die Spannungsfelder innerhalb der Gemeinde deutlich machen. Zahlreiche eingearbeitete Bibelzitate zeugen außerdem von gründlicher Recherche und verleihen dem Buch zusätzliche Authentizität.
Ich habe Monstergott mit großem Interesse gelesen und oft geschmunzelt. Für mich ist dieser Roman eine klare Leseempfehlung!