Helden jenseits des geschichtlichen Präsentiertellers

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Sie wollten jene kulturellen und künstlerischen Leistungen der abendländischen Zivilisation bewahren, „für dessen Erschaffung die Menschen so viel Zeit, Sorgfalt und Können aufgewandt haben“: Die „Monuments Men“, jene Mitarbeiter der militärischen Einheit „Monuments, Fine Arts and Archives“, einer Einheit der westlichen Alliierten zum Schutz von Kunstwerken und Kulturgütern im Zweiten Weltkrieg. Von ihrem Einsatz handelt Robert M. Edsels gleichnamiges Buch „Monuments Men“, das den Lesern sowohl diverse Aspekte des Krieges als auch zahlreiche Hintergründe über westeuropäische Kunst und Kultur liefert.
Angesichts der menschlichen Tragödien während eines der dunkelsten Kapitel deutscher Geschichte hat der künstlerisch-kulturelle Raubbau der Nationalsozialisten lange Zeit kaum Beachtung gefunden: Wer hat sich schon Gedanken darüber gemacht, wie manch großartiges Kunst- und Bauwerk von einer Zerstörung im Zweiten Weltkrieg - sei es Plünderung, Beschädigung oder Zerstörung durch die Nazis oder durch den Gegenschlag alliierter Truppen - verschont blieb … und wer daran maßgeblich beteiligt war!?
Autor Robert M. Edsel hat diese verantwortungsvolle und zugleich lebensgefährliche Leistung der speziellen Kulturgüter-Schutztruppe anhand von Briefen, Kriegsberichten und Feldtagebüchern rekonstruiert.
Herausgekommen ist ein beeindruckendes Buch: Wenn es nicht die (grausame) Realität beschriebe, könnte es auch ein fiktiver Thriller und zugleich ein Roman sein, könnte eine Tragödie, ein Historiendrama und einen Kunstführer in sich vereinen: Die Handlungsstränge rund um die Einsätze der Monuments Men hat Edsel spannend wie in einem Krimi inszeniert, hat (nach historischer Vorlage) ganz gezielt das Spannungsgeflecht zwischen dem Kunstraub der Nazis und dem Aufspüren und der Bergung der gestohlenen Kunst durch die Monuments Men ge- und verwoben. Zugleich weisen seine Ausführungen über weite Strecken romanhaft-erzählerische Züge auf, beinhalten erschütternde, tragische, mutige und zuweilen auch menschlich-rührende Ereignisse – und liefern immer auch grundlegende historische sowie kunstgeschichtliche Informationen.
Robert M. Edsel hat diesen Aspekt nationalsozialistischer Historie ebenso gründlich wie einfühlsam aufbereitet und mit diesem Buch jenen Menschen ein Denkmal gesetzt, die nie auf dem Präsentierteller der Geschichte standen – und es doch so sehr verdient hätten.
Kaum ein Buch hat den bereits hervorragenden Eindruck der Leseprobe bislang für mich auch im weiteren Verlauf – bis zur letzten Zeile – so gerechtfertigt wie dieses: Historisch fundiert und unterhaltsam zugleich - genau das war anfangs für mich sowohl im Bezug auf das Thema als auch im Hinblick auf Form /Erzählstil kaum vorstellbar. Ich wurde eines Besseren belehrt!
Ich wünsche diesem Buch Unmengen interessierter Leser, die nach der Lektüre über jene kaum bekannten Kriegshelden ebenso fasziniert, erstaunt und ergriffen sein werden wie ich.
Mich erstaunte immer wieder, mit wie viel Respekt und Rücksicht gegenüber dem kulturellen Erbe der Geschichte die Monuments Men bemüht waren, Kriegsschäden selbst im Feindgebiet zu verhindern. Leidenschaftlich und absolut uneigennützig verfolgten diese vollkommen unterschiedlichen Persönlichkeiten mit all ihren speziellen Charakterzügen und Eigenheiten, ihren Stärken und Schwächen das Ziel, historische Monumente und Kulturgüter von Freund und Feind zu bewahren. Dabei einte sie die gemeinsame Leidenschaft für die Sache – gegen alle Hindernisse und Risiken, die zwei von ihnen letztendlich das Leben kosteten. Dieses Buch, das das bemerkenswerte Vermächtnis der Monuments Men bewahrt, ist für mich ein hervorragend gelungenes Kunst- und Geschichtszeugnis und in jeder Hinsicht das Beeindruckenste, was ich seit langem gelesen habe.