Mord auf einer abgeschiedenen Insel

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missmarie Avatar

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" Ich bin zu einer Schlussfolgerung gekommen, die genau das Gegenteil von dem ist, was du behauptest. Und wenn sie sich als richtig erweist, werde ich gezwungen sein, dich zu verhaften."

Annahmen über Mitmenschen und ihre wahren Absichten stehen im Vordergrund von Seishi Yokomizos zweiten auf Deutsch erschienenen Roman "Mord auf der Insel Gokumon". Gokumon bedeutet Höllentor und höllische Morde begeben dem Privatermittler Kosuke Kindaichi, nachdem er auf diese Insel gereist ist. Gut zehn Jahre sind zwischen der Handlung des ersten Bandes vergangen, Kindaichi war zwischenzeitlich als Soldat im Zweiten Weltkrieg verpflichtet. Nun soll er den letzten Wunsch eines sterbenden Kameraden erfüllen: Seine drei Schwestern vor dem Tod retten. Als der Ermittler auf der Insel ankommt, muss er aber schon bald feststellen, wie eigensinnig das Volk hier doch ist.

"Mord auf der Insel Gokumin" ist ein klassischer Krimi, in dem der Leser den Ermittlern bei seinen Nachforschungen begleitet. Die vielen im Text verstreuten Hinweise laden dazu ein, selbst mitzurätseln und eigene Schlüsse zu ziehen. Obwohl ich am Ende mit einigen Gedanken richtig lag, war die komplette Auflösung dennoch überraschend. Wer also klassische Ermittlergeschichten mag, ist hier gut aufgehoben. Wenn auch Kindaichis Kombinationsgabe nicht ganz an die von Sherlock Holmes heranreichen mag. Lesenswert ist auch das Setting: Die Bewohner in ihrer Sonderbarkeit und das Leben als eingeschworene Inselgemeinschaft werden immer wieder treffend porträtiert. Lediglich die Ausführungen zu Verstorbenen und dem Theater hätte ich mir ausführlicher gewünscht.

Ursula Gräfe hat den Roman ins Deutsche gesetzt und war dabei auch mit dem ein oder anderen Haiku gefordert. Denn diese spielen im Krimi immer wieder eine Rolle. Bedeutungstragende Elemente und sprachlich gut zu Lesendes zu verbinden, ist der Übersetzerin gelungen. Japanische Begriffe werden oft lediglich transkribiert, sodass der Leser dank des Glossars am Ende nicht nur einen spannenden Krimi lesen kann, sondern auch in die japanische Kultur vor knapp 100 Jahren eintauchen kann.