Kein cosy Crime

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hundeliebhaberin Avatar

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Am Abend vor Weihnachten macht sich die pensionierte Polizistin Roz im Nachtzug auf den Weg nach London, wo ihre Tochter in den Wehen liegt. Außer ihr befinden sich nur 17 andere Fahrgäst*innen im Zug, weshalb das Kennenlernen untereinander fast schon selbstverständlich ist. Spätestens als der Zug entgleist und im Schneechaos der schottischen Highlands stehen bleibt, kommen sie ins Gespräch. Doch es ist nicht nur der entgleiste Zug, der Sorgen bereitet: Eine Person im Zug wird tot aufgefunden und es ist klar, dass ein*e Mörder*in unter ihnen ist. Und dieser Person scheint ein Mordopfer nicht genug zu sein. Um die Sachlage schnell zu klären, beginnt Roz, die Gäst*innen zu befragen und zu ermitteln. Dabei hat sie ganz andere Sorgen im Kopf: Die Geburt ihrer Enkelin gestaltet sich als sehr kompliziert, weshalb sie um ihre Tochter bangt und ein Trauma aus ihrer Vergangenheit hochholt.

Ich bin vermutlich eine der wenigen, die Agatha Christies Vorlage nicht gelesen und daher keinen Vergleich zum Original hat.
Zuerst möchte ich sagen, dass es sich hier keinesfalls um einen gemütlichen, weihnachtlichen Krimi handelt, sondern sehr ernste und potentiell triggernde Inhalte behandelt werden, die retraumatisieren könnten. Dazu zählt vor allem sexualisierte Gewalt mit expliziten Beschreibungen.

Der Schreibstil ist flüssig, es wird aus Roz' Sicht erzählt, die zunächst sehr viel beobachtet, die Mitreisenden analysiert und einordnet. Zwischenzeitlich gab es einige Längen, da die Leiche erst etwa in der Buchmitte gefunden wird und für mich erst dann Spannung entstand.
Das Mordmotiv und die Involviertheit waren recht schnell abzusehen, dennoch mochte ich zu lesen, wie Roz die Wahrheit und die Verwicklung aufdeckt. Auch die Auseinandersetzung mit ihrer eigenen Vergangenheit mochte ich. Allerdings finde ich es schwierig, all das in einem vermeintlichen cosy Weihnachtskrimi zu verpacken.
Die Figuren blieben für mich recht oberflächlich und ich habe keine richtige Bindung zu ihnen aufgebaut, mochte jedoch die Konstellation sehr.

Ein spannender Krimi, von dem ich jedoch nicht sagen kann, ob er als moderner Agatha-Christie-Krimi durchgehen würde.