Schöner Weihnachtskrimi mit kleinen Schwächen

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Die pensionierte Polizeibeamtin Roz reist nach Schottland, um bei der Geburt ihrer Enkelin dabei sein zu können. Doch dann bleibt der Zug mitten im Niemandsland im Schnee stecken – und einer der insgesamt achtzehn Reisenden wird tot aufgefunden. Roz muss den Täter finden, bevor er ein weiteres Mal zuschlagen kann …

Mein Leseeindruck:

Bei ausgewiesenen Weihnachtskrimis bin ich oft erst einmal misstrauisch, weil sie für mich oft zu „cosy“ sind – und Gott sei Dank war das bei diesem Buch einmal nicht der Fall. Es geht um ein schweres, gewaltvolles Thema, das auch in diesem Buch ernst behandelt wird. Was ich gut finde, denn es gibt Dinge, bei denen mir der Humor abhandenkommt. Ob man das Buch dann allerdings noch als Weihnachtskrimi bezeichnen kann oder soll, stelle ich mal in Frage, denn die Erwartungen an einen solchen sind in der Regel anders. Gemütlich ist in dem Buch wenig.

Die Parallelen zu Agatha Christies berühmtem Buch „Mord im Orient Express“ findet man nicht nur im Titel dieses Buches, auch das Setting mit dem im Schnee feststeckenden Zug legt die Annahme nahe, dass die Autorin hier auch noch andere Ähnlichkeiten versteckt. So war ich sehr gespannt, ob und wie die Passagiere mit einander in Verbindung stehen, und ob die Autorin das Ende ähnlich konstruiert hat wie ihr Vorbild.

Die Figuren blieben etwas oberflächlich, was mich aber nicht so sehr gestört hat, denn für die Auflösung des Falles waren weitere Infos nicht notwendig. So gab es sympathische und weniger sympathische Figuren – besonders gefallen hat mir Mary mit ihrem Kater, sie ist wirklich eine Marke für sich. Ein bisschen mehr Leben hätte trotz allem den anderen Figuren gut getan – nicht für die Auflösung, aber fürs Feeling und das Mitfreuen und Mitleiden beim Lesen. Und auch etwas mehr psychologische Finesse wäre schön gewesen.

Das Buch fängt mit einem spannenden Prolog an – und hier lernt man schon einmal das zukünftige Mordopfer kennen. Dass es dieses sein wird, wird auch schon im Prolog gesagt, also verrate ich hier nicht zu viel. Nach dem Prolog springt die Handlung zurück auf Roz, ihre Gedanken und Pläne, die Zugfahrt und die weiteren Mitreisenden. Die Leser:innen werden nun chronologisch zum Mord geführt, was ganz schön lange dauert – hier hätte die Autorin die Geschichte schon etwas straffen können.

Roz Ermittlungen gestalten sich schwierig, aber sie führen die Leser:innen auf falsche Fährten und nichts ist immer so, wonach es zunächst aussieht. Ich fand diesen Teil des Buches spannend, aber man sollte keine rasende Spannung wie bei einem Thriller erwarten. Und manchmal ging mir auch auf die Nerven, wie die Figuren mit sich selbst beschäftigt sind, da kann ich Roz auch nicht ausnehmen.

Insgesamt hat mir „Mord im Christmas Express“ gut gefallen, aber die Schwächen der Geschichte waren nicht zu übersehen.