Stimmungsvoller Zug-Krimi in moderner Agatha Christie-Manier

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minjo Avatar

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Zur Story:
Am Vorabend von Heiligabend verlässt der Christmas Express London, um seine überschaubare Anzahl an Passagieren ins schottische Fort William zu bringen. Bereits in London hat es zu schneien begonnen, doch als der Zug die rauen, schottischen Highlands erreicht, wird das Schneetreiben immer dichter und das Vorankommen gefährlicher. Ein auf die Gleise gestürzter Baum verursacht schließlich das Entgleisen des Zugs und die Insassen sitzen weitab der nächsten Stadt fest. Wäre das nicht schon schlimm genug, wird kurz darauf die erste Leiche entdeckt, der noch weitere folgen. Roz Parker, kürzlich pensionierte Detective Inspector bei der Metropolitan Police, ist auf dem Weg zu ihrer in den Wehen liegenden Tochter und sieht durch die Todesfälle ihre Chance auf eine baldige Ankunft in immer weitere Ferne rücken. Da die Rettungskräfte witterungsbedingt nicht in absehbarer Zeit am Unglücksort sein können, versucht sie den Fall zu lösen und kommt der Lösung Stück für Stück näher...

Zum Buch:
Der Klappentext hat hier nicht zuviel versprochen: "Ein Weihnachtskrimi, wie Agatha Christie ihn heute schreiben würde: spannend, originell und absolut zeitgemäß". Das kann ich wirklich bestätigen, denn dieser Krimi enthält alle Zutaten für unterhaltsame Lesestunden: mit den schottischen Highlands ein malerisches Setting, mit dem Schlafwagen-Express ein interessanter Tatort, genug Spannungsmomente, eine scharfsinnige und mit Ecken und Kanten versehende Ermittlerin und ein bunter Mix an Passagieren, von denen so einige bei näherer Betrachtung ein Tatmotiv hätten. Dazu noch eine große Portion Herzschmerz, ein dicker Klecks Trauma- und Vergangenheitsbewältigung und eine Messerspitze Insel-Humor - voilà, fertig ist der gelungene Weihnachtskrimi.
Übrigens ist dieser Krimi nicht sehr "blutig" geschrieben, also keine Gefahr für Alpträume oder verstörenden Bildern im Kopf.

Das Cover ist überaus liebevoll gestaltet und passt perfekt zu dieser Story. Ich hätte mir nur einen höherwertigen Einband statt die Kartonage gewünscht, zumal das Buch schon mit einem Eselsohr bei mir ankam und man nach Beenden des Buches trotz sorgsamer Handhabung sehen konnte, dass die oberen und unteren Kanten Gebrauchsspuren aufweisen, was bei Karton leider sehr schnell der Fall ist.

Persönliche Meinung:
Mir hat neben der Story auch der bildstarke Schreibstil sehr gut gefallen. Man ist sehr schnell in der Geschichte und lernt die unterschiedlichen Protagonisten kennen, wobei sich schnell Sympathien und Antipathien einstellen, die - von der Autorin sicher so gewollt - einen auf die falsche Fährte führen können, denn natürlich traut man eine Greueltat eher denen zu, die von Anfang an unangenehm auffallen und etwas zu verbergen scheinen. Dabei sind es meistens die stillen Wasser, die am tiefsten gründen. So nimmt auch hier die traumatische Vergangenheit von Roz viel Raum ein und man versteht erst im Laufe der Geschichte, warum dies so wichtig zu verstehen ist. Auch Liebe, Familie und Zugehörigkeit spielen eine tragende Rolle und gibt der Geschichte mehr Tiefe. Die Autorin hat recht clevere Ablenkungs- und Täuschungselemente eingebaut, so dass man immer wieder ins grübeln kommt, ob man die richtige Person verdächtigt und hat am Ende doch noch für eine unerwartete Überraschung gesorgt. Ich konnte zwar nicht alle Verhaltensweisen der Akteure nachvollziehen, dennoch wurden die grundlegenden Fragen beantwortet und die Geschichte hat - trotz der Todesfälle - ein rundes, schönes Weihnachts-Happyend gefunden.

Spoiler gefällig? Die mitreisende Katze war's nicht! ;-)

Fazit:
Sehr unterhaltsamer, stimmungsvoller und auch tiefgründiger Christmas Krimi, welcher perfekt in die Vorweihnachtszeit passt. Dazu noch eine Tasse heiße Schokolade und feines schottisches Shortbread oder das im Buch so lecker beschriebene Whisky-Taiblet - mehr braucht es wirklich nicht! Absolute Leseempfehlung!