Gutes Setting, überzeichnete Charaktere, weniger Spannung

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holdesschaf Avatar

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Der ehemalige Schauspieler Björn Kupernikus ist im Ruhestand und nutzt den Lebensabend, um es sich auf dem idyllischen Campingplatz Himmelreich gemütlich zu machen. Dass er gleich in eine Hunde-Rettungsaktion verwickelt werden würde und dabei im See unter einem SUP-Board angebunden eine Leiche finden würde, damit hatte er nicht gerechnet. Die unerfahrenen Polizisten gehen tatsächlich von einem Unfall aufgrund unglücklicher Umstände aus, doch Kupernikus glaubt nicht daran. Da es immer sein größter Wunsch war, Tatortkommissar zu werden und ihn seine neue Bekannte, eine Künstlerin aus der Gegend dazu ermuntert, stellt er selbst Ermittlungen an. Auf einem Campingplatz gibt es so einige schräge Vögel, die sich als Verdächtige eignen.

Andreas Winkelmann war bisher eher als Autor perfider und blutiger Thriller bekannt und entdeckt nun mit "Mord im Himmelreich" und seinem Hobby-Ermittler Kupernikus das Genre der Cosy Crime für sich. Selbst gern mit dem Wohnmobil unterwegs hatte ich sofort Lust, mich in dieses Abenteuer zu stürzen. Das Cover spiegelt genau wieder, was man sich unter einem idyllischen Campingurlaub feststellt und passt zum Inhalt des Buches. Der See spielt eine große Rolle, nicht nur als Leichenfundort. Das Setting, das der Autor hier zeichnet, ist wirklich liebenswert und auch einige beteiligte Personen sind richtige Marken mit starken Eigenheiten, was für Dauercamper realistisch beobachtet sein dürfte. Kupernikus selber bleibt für mich aber zu lange zu blass und zurückhaltend. Das könnte auch daran liegen, dass die Künstlerin, die er kennenlernt sich hier für meine Begriffe zu sehr in den Vordergrund und Kupernikus zu vielen Aktionen drängt. Die Polizei erinnert hingegen an die aus Agatha Christies Romanen und bringt nicht viel auf die Reihe.

Schön an dem Plot ist, dass der Campingplatz und die Umgebung genug Verdächtige bieten und manche von den Eigenheiten der Bewohner mich zum Schmunzeln bringen konnten. Der Fall an sich geht nachdem lange nicht viel passiert zunehmend in eine Richtung, so dass das Motiv schnell klar ist. Beim Täter kann Winkelmann unerfahrene Krimileser vielleicht noch eine Zeit lang auf eine falsche Fährte locken, doch mir ist diese Lösung sofort zu einfach gewesen. Hundefreunde wird es freuen, dass Kupernikus den geretteten Hund bei sich aufnimmt und er die ganze Zeit mitmischt. Ist ein ganz feiner. Das Ende und überhaupt der ganze Plot hätten durchaus noch etwas mehr Spannung vertragen können und auch Lacher gibt es zu wenige.

Ergänzung zum Hörbuch:
Der Hörbuchsprecher liest das Buch für mich in weiten Teilen wirklich gut und die Atmosphäre ist spürbar. Vor allem zu Kopernikus passt seine Stimme sehr gut. Auch mit den verschiedenen Dialekten gestaltet er die Personen gut aus, gerade den Berliner beherrscht er. Allerdings hat mir die Interpretation von Kupernikus Begleiterin manchmal den letzten Nerv geraubt, was aber auch daran lag, dass die Vorlage einen Ausruf immer wieder bringt. Bei jedem "Mein liiiiiieber Kupernikus" wird das so überspitzt betont, dass es mir ein bisschen das Hörerlebnis verleidet hat. Zudem führte es dazu, dass ich eine eigentlich gebildete Figur irgendwie gar nicht mehr ernst nehmen konnte. Das fand ich sehr schade. Nichts gegen schräge Vögel, aber bitte nicht so. Abgesehen davon hat mich das Hörbuch gut unterhalten, ein Highlight war es aber nicht. Trotzdem oder gerade deswegen würde ich mir aber einen zweiten Teil noch anhören. 3 Sterne