Beschauliches Tessin? Wohl nicht immer!

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hennie Avatar

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Moira Rusconi überlegt nicht lange als sie vom Schlaganfall ihres Vaters Ambrogio erfährt. Sie, gerade frisch getrennt, packt ihre Sachen und kehrt von ihrem Wohnort Frankfurt/Main nach Jahren in das Tessiner Dörfchen Montagnola zurück. Ihren Papa findet sie schon wieder einigermaßen fit vor. Jedoch wird bald ein Toter in einem landestypischen historischen Eiskeller gefunden. Zu den polizeilichen Ermittlungen wird sie, die als Übersetzerin arbeitet, hinzugezogen. Sie soll dolmetschen. Deutschsprachige Touristen fanden die Leiche.
Was für ein Zufall, dass Luca Cavadini, der Jugendfreund Moiras, als leitender Rechtsmediziner der Tessiner Kantonspolizei arbeitet!

Schon durch den Prolog und den wenigen Seiten der Leseprobe war ich von dem Geschehen gefesselt. Wodurch verwirkte der Mann in dem merkwürdigen Gefängnis sein Leben? Was hatte er getan, falsch gemacht? Diese Fragen beschäftigten mich, bis ich das Buch endlich in den Händen hielt. »Leben ist das kostbarste Geschenk, und du hast es einfach sinnlos vergeudet« sind die letzten Worte, die der Todgeweihte vernimmt.

Ich habe das Buch schnell gelesen durch den herrlich leichten und lockeren Schreibstil. Die Charaktere sind gut gezeichnet. Ich konnte sie mir lebhaft vorstellen. Angenehm fiel mir auf, dass so gut wie alle Personen, auch die mit Polizeiarbeit beschäftigten, ein Privatleben haben. Es „menschelt" sehr. Moira ist eine liebenswürdige, angenehme, junge Frau. Das bemerkte ich an ihrem Umgang mit dem Vater, seinen fünf Katzen und ihre Sorge, dass es allen in ihrem Umfeld wohlergeht. Ihr freundlicher, offener Charakter macht es ihr leicht mit den Leuten in Kontakt zu treten. Engagiert und wißbegierig verfolgt sie vermeintliche Spuren und ermittelt über ihre eigentliche Profession hinaus. Mit einer natürlichen guten Kombinationsgabe gesegnet, trägt sie wichtige Fakten zur Aufklärung des Falles zusammen. Jedoch stehen da hin und wieder gesetzliche Vorschriften und Paragraphen im Wege.

„Mord in Montagnola" ist ein lesenswerter Regionalkrimi mit einer großen Portion Lokalkolorit. Durch die Umtriebigkeit Moiras bekommt man einen wunderbaren Blick auf die Schönheiten der Gegend. Wie beiläufig erfuhr ich von dem Örtchen Montagnola, seinen teilweise skurrilen Bewohnern und von dem besonderen Flair. Mir machte es Lust auf dieses Fleckchen Erde.
Übrigens auch über Hermann Hesse wird mehrfach gesprochen. Neben der Aufklärung des Mordes müssen seine verschwundenen Briefe gefunden werden.
Der Krimi kommt ohne gewalttätige Szenen aus. Im großen und ganzen ist alles sehr harmonisch. Für das Genre vielleicht zu harmonisch!? Wer das liebt, ist hier richtig.
Ich freue mich jedenfalls auf die Fortsetzung, will ich doch u. a. wissen, wie es mit Luca und Moira weitergeht.