Ein Mix aus Mord und Liebe im Tessin

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Zuerst fällt mir auf, dass das Cover sich gewaltig von den bisher erschienenen Büchern der Autorin abhebt. Das Mystische, Dunkle und Romantisierende ist verschwunden und macht einem Pastellhimmel Platz, davor auf einer Anhöhe ein Anwesen mit einem Campanile, eine Kirche, ein Kloster, wer weiß. Auf jeden Fall einladend italienisch! Der „Umzug“ zu Eichborn ist so auch bildlich sofort erkennbar. Der Text hinten auf dem Cover verspricht einen „Destinationskrimi“ – auf dem Titel ist es „Ein Tessin-Krimi“. Also auf gut Deutsch ein Regionalkrimi. Mascha Vassena kennt sich aus in der Gegend, sie wohnt am Luganer See. So sind denn die Tessinbeschreibungen auch alle durchweg nachvollziehbar und ja, sie laden zum Hinfahren und Ansehen und Erwandern ein. Destinationskrimi passt da also recht gut, insbesondere, wenn man außerdem Lust auf Montagnola und Hermann Hesse hat. Ich glaube, der blaue Himmel vom Cover findet sich auch in den wunderschönen kleinen Bildern von Hesse wieder, der ja nicht nur Bücher schrieb, sondern im Tessin auch malte. Kein Wunder, dass man ihn tourismuswirksam vor Ort und im Buch ordentlich feiert.
Hauptperson ist Moira, eine Übersetzerin, die in eben jenem Ort geboren wurde und nun nach jahrelanger Abstinenz ihren Vater besucht. Dieser hatte einen Schlaganfall, den er überraschend gut überstanden hat, sich aber trotzdem über den Besuch freut. Moira schaut sich um, beim Vater und auch im Ort, Erinnerungen werden wach und sie trifft Luca, ihren Jugendschwarm, der sich sehr verändert hat und jetzt der Gerichtsmediziner des Kantons ist. Da hört man sie trapsen, die Nachtigall…
Der Prolog verspricht nämlich nichts Gutes, in jedem Fall einen Toten und einen Mord, den es aufzuklären gilt. Dass im Laufe des Geschehens Moira in die Aufklärung eben jenen Mordes einbezogen wird, ist ein kleines bisschen unglaubwürdig, nur so per Absprache, aber, andere Länder, andere Sitten. Eine Art Miss Marple in jung wird geboren. Und dann bahnt sich da auch noch ein Flirt mit Luca an. Wie es weitergeht, müssen künftige Leser bitte selbst herausfinden. Spoiler gibt’s hier nicht.
Das Buch liest sich recht schnell und leicht, einzig das heutzutage um sich greifende „geschlechtergerechte Deutsch“ störte mir ab und zu den Lesefluss. Wenn Moiras Vater fünf Katzen mit eindeutig weiblichen Vornamen sein eigen nennt, ist das zwar nicht meine Vorliebe, aber eigentlich in Ordnung. Wenn diese fünf dann als „Kätzinnen“ beschrieben werden, weiß ich zwar, dass es das Wort im Duden gibt, aber es ist völlig sinnlos eingesetzt. Wie auch Polizeibeamtinnen und Polizeibeamte… Geschmackssache. Mich interessieren bei einem Buch doch mehr die Handlung und die Charaktere und beim Krimi die Spannung, genau die bleibt ab und an ein wenig auf der Strecke.
Fazit: Schöne Gegend Tessin, nette Protagonisten, weniger nette gibt es auch, zwischenzeitlich etwas lang, zum Ende wieder ganz auf der Höhe. Gute Unterhaltung und wieder eine Destination, die mich reizt.