Morgen bist Du noch da

Voller Stern Voller Stern Voller Stern Voller Stern Voller Stern
pixibuch Avatar

Von

Zuerst dachte ich mir, das dies so ein normales Frauenbuch ist, wo über den Alltag einer normalen Frau über all ihre Höhen und Tiefen geschrieben wird. Ärger mit Mann, Kindern und Beruf. Aber da hatte ich mich total getäuscht. Das blumige Cover hat es faustdick hinter den Ohren. Nie hätte man hinter diesem Einband so ein tolles und taffes Buch erwartet.

Zum einen handelt es sich um das Leben von Lioba. Sie hat ihr Leben mehr schlecht als recht als Künstlrein gefristet. Mit dabei war immer ihre Freundin Tetra. Sie hatten Höhen und Tiefen miteinander überwunden, in Abbruchhäusern gelebt und billigen Fusel aus Tetrapacks getrunken. Doch nun ist Tetra eine tolle Designerin geworden. Sie entwirft und näht die tollsten Kleider. Auch Lioba hat nun eine eigene Ausstellung. Was Rang und Namen hat ist eingeladen, sie näht Kissen und andere Gegenstände, die die Vulva einer Frau darstellen. Zu dieser Eröffnung lädt sie auch ihre Mutter ein, die sie seit Jahren nicht mehr gesehen hat. Die beiden hatten nie das beste Verhältnis gehabt und Lioba floh mit 18 Jahren in die Stadt nach Berlin.

Heute sieht sie ihr Mutter wieder. Doch als diese dann im Hotel zurück ist, bekommt sie einen Schlaganfall und Lioba muß sich nun um die Angelegenheiten der Mutter kümmern. Außerdem hat Lioba auch Knatsch mit Tetra. Zu allem Überfluß ist Lioba auch noch schwanger von ihrem verheirateten Geliebten. Dieser weiß allerdings noch nichts von seinem Glück. Und Lioba hat sich fest entschlossen, mit 42 Jahre Mutter zu werden, die letzte Chance ihres Lebens.

Der andere Handlungsstrang spielt im zweiten Weltkrieg. Liobas Großeltern sind Juden. Deshalb flieht die Großmutter mit Liobas Mutter nach Holland, wo sie sich versteckt halten über den ganzen Krieg hinweg. Liobas Mutter lebt als Kind im Verborgenen. Vorher hatten sie in einer großen Villa mit Bediensteten gelebt.

Während des Verstecks wird die Großmutter noch einmal schwanger und bringt nochmals ein Mädchen zur Welt. Von wem das Kind ist, weiß niemand.

Als die Mutter mit den beiden Kindern nachhause kommt, sind sie enteignet. Die Villa ist weg und sie wohnen sehr armselig. Zudem ist der Vater durch die Gefangenschaft sehr krank. Bald stirbt die Mutter und dann auch noch der Vater bringt sich um. Liobas Mutter muß sich nun um die jüngere Schwester kümmern.

Und dann bekommt Lioba das schreckliche Familiengeheimnis heraus: Die eigene Mutter ist nicht die Mutter, sondern die Tante. Und die Tante ist die Mutter von Lioba.

Dieses Buch ist mit so viel Gefühl geschrieben, ich konnte es einfach nicht aus der Hand legen. Zuerst einmal die Themen unserer heutigen Welt und dann die Zeit um den zweiten Weltkrieg und die Nachkriegsjahre.

Mila Lippke hat sich mit ihrem Buch sehr viel Mühe gemacht und auch sehr viel recherchiert. Sie versteht es, das Heute und das Vergangene miteinander zu verweben. Ich kann diese wunderbare Geschichte nur weiterempfehlen. Dies alles regt sehr zum Nachdenken an. Über uns, unsere Geschichte und unsere Vorfahren. Und auch darüber, dass manche Menschen ohr Lebensglück hintenanstellen oder gar vergessen, um anderen helfen zu können. Edel und traurig zugleich.